Handel & Industrie – Fabrikation
Flaschentransport in den Glashütten
Das Neue Universum • 1896
Bekanntlich ist die Arbeit in den Glashütten infolge der großen Hitze, welche die Schmelzöfen ausstrahlen, eine sehr beschwerliche. Man hat sich daher bemüht, dieselbe, soweit es angängig ist, durch mechanische Hilfsmittel zu ersetzen.
Ein derartiges Hilfsmittel, welches neuerdings zur Erleichterung der Arbeit eingeführt worden ist, besteht in einer Vorrichtung, durch welche die von den Glasbläsern angefertigten Flaschen sofort nach dem Kühlofen transportiert werden, um daselbst einer langsamen Abkühlung zu unterliegen, damit das Glas nicht zu spröde wird oder wohl gar infolge zu rascher Abkühlung zerspringt.
Früher wurden die fertigen, noch glühend heißen Flaschen sowie andere von den Glasbläsern angefertigte Gegenstände in eine Blechmuschel oder sogenannte Sabotte gesteckt, welche an einen aus einer Eisenstange bestehenden Stiel angepasst werden konnte, um auf diese Art die Flaschen nach dem Kühlofen zu bringen. Diese Arbeit wurde von Kindern verrichtet. Nach den neuen Fabrikordnungen, welche in allen Industriestaaten in der Neuzeit eingeführt worden sind, dürfen aber Kinder zu derartigen Arbeiten kaum noch verwendet werden und außerdem ist diese Arbeit überhaupt eine sehr beschwerliche, denn ein Glasbläser bringt täglich etwa 600 Flaschen fertig, so dass auf die Stunde 50 – 60 Flaschen kommen und demnach der Weg zwischen dem Schmelzofen und Kühlofen in der Stunde wenigstens 100 – 120-mal zurückgelegt werden muss.
Man hat berechnet, dass ein solcher Flaschenträger bei scharfer Arbeit täglich etwa 20 km Weg zurückzulegen hat, wobei er noch die schwere Sabotte tragen und hantieren muss und dem stärksten Temperaturwechsel ausgesetzt ist. Die Arbeit ist daher nicht nur beschwerlich, sondern auch sehr ungesund, weshalb man daran dachte, diese Arbeit durch einen mechanischen Apparat verrichten zu lassen. Diese Aufgabe war jedoch ziemlich schwierig in praktischer Weise zu erfüllen, denn es galt dabei nicht nur technische Schwierigkeiten zu überwinden, sondern es war auch dabei noch das Vorurteil der Glasbläser zu bekämpfen, die wie alle derartigen, mit besonderer Geschicklichkeit begabten Arbeiter mit größter Zähigkeit am Althergebrachten festhalten.
Es galt zuerst einen kontinuierlich arbeitenden Kühlofen herzustellen, welcher, wie dies herkömmlich ist, alle von den Glasbläsern in einer Tagesschicht angefertigten Flaschen aufzunehmen hat. Mit diesem Ofen ist der mechanische Transportapparat verbunden, welchen die Abbildung darstellt.
Vor jedem Glasbläser befindet sich ein aus Blech bestehender und mit hartem Holz ausgelegter Trog a, in welchen der Glasbläser die eben angefertigte Flasche legt. Unter diesem Trog bewegen sich die Aufnehmer B, die ebenfalls aus Blech bestehen und mit hartem Holz ausgefüttert sind. Diese Träger sind auf einem horizontalen endlosen, durch zwei Rollen Q geführten Riemen M befestigt. Die Riemenscheibe R (links im Bild) setzt durch die Zahnräder S eine andere hinter dem Gestell des Transporteurs befindliche Rolle Q’ in Umdrehung. Die Wand b des Trogs a ist um eine Achse Z T drehbar und wird durch ein Gegengewicht in der normalen Lage erhalten. Wenn nun der Glasbläser die fertige Flasche in den Trog a gelegt hat und der Aufnehmer B unter dem Trog a vorübergeht, so hebt er das Gegengewicht und klappt somit die Wand b des Trogs a empor, so dass die Flasche in den Aufnehmer B rollt; hierdurch neigt sich der Aufnehmer etwas nach hinten, so dass er nunmehr unter den andern Trögen a vorübergehen kann, ohne an deren Gegengewicht zu stoßen, und ungehindert seinen Weg bis zum Punkt A, der vor der Ofentür liegt, fortsetzt. An diesem Punkt wird er durch die Stange N geneigt, so dass die Flasche in den Ofenschacht hinabgleitet, wo sie der Abkühlung unterliegt. Der Ofen selbst ist derartig eingerichtet, dass die Flaschen sich in bestimmter Ordnung in demselben lagern.