Handel & IndustrieLebensmittelproduktion

Das fabrikmäßige Rösten des
Kaffees in New York

Die Abendschule • 25.7.1879

In den Vereinigten Staaten ist der Kaffee eines der verbreitetsten Genussmittel. Dem herrschenden Brauch gemäß, wonach in den Vereinigten Staaten dem Publikum alle Genussmittel in möglichst fertigem Zustande geboten werden, kommt auch der Kaffee vorwiegend in Gestalt der gerösteten Bohnen in den Kleinhandel, womit das konsumierende Publikum sich wohl zufriedengeben kann, da die Qualität des gebrauten Getränkes wesentlich auch von der Art und Weise der Röstung abhängt und es Erfahrungssache ist, dass man bei Röstung großer Mengen und mittelst rationeller Einrichtungen eine weit feinere und bessere Ware erzielt, als bei der Röstung im Kleinen. Die ausgezeichnete Qualität des Kaffees im Orient, sowie in den großen Cafés von Frankreich, Italien, Österreich usw. rührt vorwiegend davon her, dass man dort nur ganz frisch gebrannten Kaffee verwendet, welcher noch nichts von seinem ätherischen Öl und seinen wesentlichen Bestandteilen verloren hat, wie es geschieht, wenn man in Haushaltungen Wochen lang von demselben Quantum gebrannten Kaffees zehrt.

Der amerikanische Konsument bekommt in den großen Spezereigeschäften und Kaffeehandlungen seinen Kaffee stets frisch und rationell geröstet und braucht keine großen Vorräte davon einzukaufen, findet auch immer denjenigen Grad der Röstung, welcher seinem individuellen Geschmack am besten zusagt. Die großen Kaffeehandlungen in New York haben daher eigene Etablissements zum Brennen des Kaffees eingerichtet. Die Röstherde gleichen einigermaßen den Retorten in den Gasfabriken und bestehen in einer Reihe von Zylindern aus gewalztem Eisen, welche sich um eine Achse drehen und mit Dampf getrieben werden, so dass die Bohnen in der Trommel in fortwährender Bewegung und in den Röstöfen einem möglichst gleichartigen Hitzegrad und nicht zu lange unterworfen sind. Jede Trommel wird von einem gut bezahlten und erfahrenen Röster bedient, welcher den erforderlichen Grad der Röstung schon am Geruch erkennt, die Trommel dann sogleich aus dem Ofen nimmt und entleert, worauf der gebrannte Kaffee sogleich in Blechzylinder, Papier- oder Linnensäcke verpackt und den Spezereihandlungen zugeschickt wird. Die ganze Umgebung solcher Röstereien macht sich auf Straßenweite durch den bekannten würzigen Geruch des frisch gebrannten Kaffees kenntlich, womit weithin die Luft erfüllt ist.

• Auf epilog.de am 26. Oktober 2023 veröffentlicht

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