Berliner Bauwerke

Elektrisches Bogenlicht in der Passionskirche am Marheineke-Platz

BEW-Mitteilungen • Mai 1908

PassionskircheDie elektrisch beleuchtete Passionskirche am Marheineke-Platz.

Tief und bleibend ist der Eindruck, den das von altertümlichen Kronen und flackernden Kerzenkandelabern erleuchtete Innere eines Münsters hervorruft. Im Gotteshaus dient das künstliche Licht nicht immer nur seinem realen Zweck; hier fällt ihm auch eine ästhetische Aufgabe zu, gehen doch Kirche und Kunst oft gemeinsamen Weg.

Das Problem, eine Andachtsstätte dementsprechend richtig, würdig zu erhellen, hat durch die Beleuchtung der im Süden Berlins neuerbauten Passionskirche eine schöne, unseres Wissens in dieser Form neue Lösung gefunden. Vom Scheitel des Mittelschiffs herab hängen zwei Effekt- und acht Bivolta-Bogenlampen. Ihre nach unten sich zerstreuenden Lichtbündel werden von der Innenfläche eines nach Art eines Schildes ausgebildeten Reflektors zunächst aufwärts an das Gewölbe geworfen. Von dort aus flutet die Lichtmenge gleichmäßig und gedämpft in den Raum herab. Der Schirm wurde von dem Schöpfer der Kirche, Baurat Astfalck, nach dem Motiv des Firmaments für farbiges Glas entworfen. Seine Transparenz lässt stilisierte Regenbogen und Wolkenbildungen erkennen, denen feine Gold-und Silberschichten perlmutterartige Tönungen verleihen. Eine Auflage von weißem Glas im Hohlraum des Beleuchtungskörpers erhöht das Reflexvermögen.

PassionskircheBlick in das durch indirektes Bogenlicht erhellte Innere der Passionskirche; im Scheitel des Mittelschiffs der Beleuchtungskörper.

Neben jenen zehn Bogenlampen dienen nur noch zwei der Beleuchtung des Chors. Wie unser Bild zeigt, ist auch ihre Wirkung eine indirekte. Sie sind auf der Orgel, dem Auge entzogen, angebracht und gleichfalls mit Reflektoren versehen. Um die Lampen des Mittelschiffs bequem bedienen zu können, werden sie in den oberhalb der Decke befindlichen Raum hinaufgezogen. Die durch die Anlage erzielte Flächenhelligkeit ist derart, dass die Verteilung gesonderter kleiner Lichtquellen unnötig wurde, selbst auf der Kanzel. Nur an den Eingängen und unter den Emporen hat man die Allgemeinbeleuchtung noch durch eine verhältnismäßig geringe Anzahl von Glühlampen verstärkt.

Nicht unerwähnt mag bleiben, dass das Orgelgebläse elektrisch angetrieben wird, und zwar unter Zuhilfenahme eines selbsttätigen Anlassers nebst Reguliervorrichtung, welche die mechanische Kraftabgabe des Elektromotors automatisch nach dem jeweiligen Luftbedarf des Gebläses einstellt. Die Installation wurde von den Siemens Schuckert-Werken ausgeführt.

• Auf epilog.de am 24. September 2023 veröffentlicht

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