VerkehrStraßenverkehr

Elektrische Straßenwagen für Luftleitungen

(Trolley-Wagen)

Prometheus • 23.2.1898

In Nordamerika hat man in eigenartiger Anpassung das System der elektrischen Eisenbahn mit oberirdischer Stromzuführung für die Kanal-Schleppschifffahrt dienstbar gemacht. Neben dem Kanal auf dem Leinpfad hat man das Schienengleis für die elektrische Lokomotive ausgelegt, die das Schiff am Drahtseil schleppt und ihren Arbeitsstrom von einer Drahtleitung entnimmt, die als Luftleitung von Stangen getragen wird. Diese Stangen sind an der Außenseite des Gleises wie eine Telegrafenleitung aufgestellt.

Elektrische StraßenwagenElektrische Straßenwagen für Luftleitungen.

Als eine Erweiterung dieses Systems konnte man dasjenige ansehen, das W. G. Gaffrey in Reno (Nevada) zur Fortbewegung eines gewöhnlichen Wagens auf Landstraßen ohne Gleise vorgeschlagen und auf einer von ihm eingerichteten Versuchsstrecke erprobt hat. Man hat es hier also, wie die Abbildung erkennen lässt, mit einem selbstfahrenden Wagen zu tun, der für seinen Betriebsstrom nicht Akkumulatoren mitführt, sondern ihn von einer Luftleitung abnimmt. Ein solcher Wagen muss notwendig imstande sein, auf der Straße ausweichen zu können; aber die Erfüllung dieser Bedingung war nicht leicht, weil so wenig die Stromabnahme, als der Stromrücklauf jemals unterbrochen werden darf. Die Luftleitung besteht aus zwei 8,8 mm dicken Drähten, die in etwa 45 cm Abstand untereinander von eisernen Armen an hölzernen Stangen etwa 6 m hoch über der Erde getragen werden. Der mit der Rückleitung vereinigte Stromabnehmer besteht aus zwei Paar Kontaktrollen, die durch einen Metallrahmen nach Art der Nürnberger Schere, wie die Scientific American entnommene Abbildung erkennen lässt, verbunden sind, um die unvermeidlichen Verschiedenheiten des Abstandes der beiden Drähte selbsttätig auszugleichen.

Damit die auf dem Draht laufenden Kontaktrollen beim Hinüberlaufen über die Leitungsträger an den Stangen nicht vom Draht abspringen, sind unterhalb noch Führungsräder angebracht. Von den oberen Kontaktrollen führt ein etwa 60 m langes Leitungskabel zunächst zu einer Kabelrolle auf dem Wagen, die ein Verlängern oder Verkürzen des Kabels nach Bedarf gestattet, und von ihr zum Elektromotor. Ein zweites Kabel führt von diesem als Rückleitung zu den auf dem unteren Draht laufenden Rollen. Diese Einrichtung gestattet es dem Wagen jederzeit, beliebige Wendungen auf der Straße auszuführen.

Der Elektromotor gleicht dem der selbstfahrenden Wagen. Vor dem Motor ist eine auf die Vorderachse des Wagens wirkende Lenkvorrichtung angebracht, die zum Lenken des Wagens mittelst eines Hebels betätigt wird. Bei den Versuchsfahrten wurde ein von einer Dynamomaschine erzeugter Strom von 500 Volt in die Leitung geschickt und wurde bei einer Belastung der 1,2 m hohen Räder mit 1130 kg eine Fahrgeschwindigkeit von 24 km/h erreicht.

Dieses sicher noch ausbildungsfähige System könnte, weil es keines Schienenweges bedarf, unter gewissen Verhältnissen, besonders da, wo eine billige Kraftquelle zur Verfügung steht, zum Befördern von Lasten und Personen mit Vorteil Anwendung finden

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• Auf epilog.de am 4. September 2022 veröffentlicht

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