Verkehr – Straßenverkehr
Einrädriges Veloziped
Das Neue Universum • 1882
Wenn jemand, schreibt der Techniker, der es noch nicht versucht hat, auf einem Bicycle zu fahren, sieht, wie Andere auf dem zweirädrigen Fahrzeug, und zwar oben auf dem großen Rad, dahinfliegen, so staunt er wohl über die Geschicklichkeit und Kühnheit, sich einem solchen leichten und anscheinend zerbrechlichen Gefährt anzuvertrauen. Auf einem dreirädrigen Veloziped zu fahren, ist natürlich ›keine Kunst‹, bei einem zweirädrigen ist die Sache schon etwas schwieriger, aber was soll man erst von einem sagen, der mit einem Veloziped fährt, das nur mit einem Rad den Boden berührt.
Einrädriges Velociped.Und doch ist ein Monocycle oder einrädriges Veloziped gar nicht so unmöglich, ja es bietet sogar, wenn richtig konstruiert, eine größere Sicherheit vor dem Stürzen als ein zweirädriges Veloziped.
Die beistehenden Abbildungen, die wir der Mining & Scientific Press in San Francisco entnehmen, stellen ein von Frederik Langmaak und Peter Strief in San Franzisko erfundenes Monocycle dar, welches kürzlich von G. H. Strong auf der ›Mechanics Fair‹ in San Franzisko ausgestellt war. Ein großes ringförmiges Rad von 2,3 m im Durchmesser besteht aus einem äußeren größeren Reif und einem kleinen inneren Reif, welch letzterer konzentrisch fest mit dem äußeren Reif verbunden ist. Der innere Reif trägt innerhalb seines freien Raums einen dreirädrigen Wagen, dessen Räder in einer Nute des inneren Reifs so laufen, dass sie am Herausspringen verhindert sind. Dieser innere Wagen ist eigentlich nichts anderes als ein dreirädriges Veloziped, dessen Räder in der Vertikalebene des äußeren Reifs laufen. Über dem mittleren Rad des Wagens befindet sich der Sitz, so dass der Schwerpunkt, wenn jemand auf dem Sitz Platz genommen hat, unterhalb des Mittelpunktes des großen Rades liegt. Das Rad unter dem Sitz wird indirekt durch Hebelübertragung bewegt, wenn der Fahrende mit seinen Füßen die beiden senkrechten Hebel hin und her bewegt. Die Hebelübertragung kann in verschiedener Weise arrangiert sein. In der Abbildung ist eine einfache Konstruktion dargestellt.
Die Vorwärtsbewegung des Monocycles beruht auf dem Prinzip des Tretrades. Wenn der allgemeine Schwerpunkt unter dem Mittelpunkte des Ringrades liegt, so steht das Veloziped fest, ausgenommen es fiele seitlich um. Fängt dann aber die auf dem Sitz befindliche Person an, durch eine Tretbewegung das innere Fahrzeug innerhalb des Ringrades nach vorne zu bewegen, so rückt auch der allgemeine Schwerpunkt nach vorne. Da das Monocycle aber rund ist und auf einer ebenen Fläche steht, so folgt es dem Schwerpunkt und bewegt sich vorwärts. Während diese Ausgleichung nur zum Teil stattfindet, wird der Sitzwagen ununterbrochen im Ringrad vorwärts, d. h. etwas aufwärts getrieben, wodurch der allgemeine Schwerpunkt immer wieder vor die vertikale Mittellinie gerückt wird und das Monocycle beständig vorwärts läuft. So wird der Apparat eigentlich durch die Schwere des Körpers des Fahrenden getrieben, der durch seine Tretbewegungen eine schräg aufsteigende und durch seine Schwerkraft eine fallende Bewegung annimmt, aus welchen beiden kontinuierlichen Bewegungen das Fortlaufen des Rades resultiert. Übrigens können mit dem Monocycle ebenso gut wie mit anderen derartigen Fahrzeugen Steigungen genommen werden.
Das Fahren mit diesem Veloziped ist leichter als mit dem zweirädrigen, da der Schwerpunkt des Fahrenden unterhalb des Mittelpunkts des Rades liegt, während er sich bei den anderen oberhalb desselben befindet, so dass ein Stürzen nach vorn unmöglich wird. Das Monocycle kann beliebig groß gebaut werden, auch kann man ganz langsam damit fahren. Um das Monocycle zum Stillstand zu bringen, hört man auf zu treten, worauf der Schwerpunkt von selbst unter den Mittelpunkt fällt und das Rad weiter keinen Antrieb mehr erhält. Um es zu lenken, neigt man sich einfach nach der Seite hin, nach welcher man einbiegen will.