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Elektrische Rohrpost

Der Stein der Weisen • 1891

Elektrische Rohrpost

Die elektrische Beförderung von Postsendungen, ähnlich der pneumatischen Rohrpost, lässt eine gänzliche Umwälzung unseres Verkehrsbetriebes erwarten. Über dieses neue Beförderungsmittel sind schon einige Male Nachrichten an die Öffentlichkeit gelangt. Es handelte sich bisher aber immer um theoretische Erörterungen, während heute über eine praktische Ausführung berichtet werden kann. Zwei amerikanische Elektriker haben es unternommen, eine derartige elektrische Paketpost versuchsweise anzulegen, und die Anlage ist schon seit einigen Wochen der Besichtigung des Publikums übergeben. Die Transportlinie ist in Form eines Ovales in der Länge von zwei englischen Meilen in der Nähe von Boston angelegt. Auf einem starken Holzgerüste sind in regelmäßigen Zwischenräumen von 2 m mit Kupferdraht umwundene Eisenhülsen, ›Solenoide‹ genannt, gelagert, durch deren Fuß und Decke Eisenschienen führen. Elektrische Rohrpost Parallel mit dem unteren Schienenstrang läuft ein Leitungsdraht, der mit dem oberen Schienenstrang durch Arme in Berührung kommt. Mit dem Dynamo ist einerseits der untere Schienenstrang, andererseits der Leitungsdraht verbunden. Die eisernen Transportwagen, welche die Poststücke aufnehmen sollen, haben die Form von Torpedos, und bei einer Länge von 3,3 m einen Durchmesser, der das Passieren der Solenoide ermöglicht. Ein Dynamo mit 20 PS liefert den Strom, der geschlossen ist, sobald der Wagen mit seiner Spitze in die Eisenhülsen eindringt, und selbsttätig unterbrochen wird, sobald er die Mitte eines Solenoid erreicht hat. Die durch den Strom hervorgerufene magnetische Anziehungskraft der Eisenhülsen und die im Wagen sich ansammelnde lebendige Kraft bewirken also die Vorwärtsbewegung der Wagen, die mit der Schnelligkeit von Express-Eisenbahnzügen erfolgt. Die Transportlinie kann natürlich in beliebiger Länge angelegt werden und die Beförderungswagen können in beliebiger Anzahl und in beliebigen Zwischenräumen abgehen, so dass die Bewältigung auch des größten Verkehr-es in kürzester Zeit möglich erscheint.

Entnommen aus dem Buch:
Die ›Zeitreisen‹ knüpfen an die Tradition der Jahrbücher und Zeitschriften ›zur Bildung und Erbauung‹ aus dem 19. Jahrhundert an. Eine bunte Auswahl von Originalartikeln begleitet den authentischen und oft überraschend aktuellen Ausflug in die Geschichte.Kultur- und Technikgeschichte aus erster Hand, behutsam redigiert, in aktueller Rechtschreibung und reichhaltig illustriert.
  PDF-Leseprobe € 14,90 | 148 Seiten | ISBN: 978-3-7562-0128-0

• Auf epilog.de am 23. Februar 2021 veröffentlicht

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