VerkehrStraßenverkehr

Ein Motorwagen für Feuerlöschzwecke

Das Neue Universum • 1900

Selbstfahrende FeuerspritzeDie selbstfahrende Feuerspritze während der Fahrt.

Wie für viele andere Zwecke des praktischen Lebens, so haben auch im Dienst der Feuerwehr neuerdings die Motorräder und Motorwagen vielseitige Anwendung gefunden. Die begleitenden Abbildungen zeigen ein Feuerwehrautomobil, welches einer Dampfspritze an Leistung gleichkommt und dabei nicht einmal, wie diese, der Bespannung bedarf, um rasch an den Ort des Brandes zu gelangen. Für den Antrieb des 5 – 6 sitzigen Wagens während der Fahrt und für denjenigen der Wasserpumpe, welche in jeder Minute 12 m³ Wasser in die Flammen zu werfen vermag, dient derselbe Motor, dessen Konstruktion und Anbringung im Rahmengestell der Feuerspritze uns die Konstruktionszeichnung unserer zweiten Abbildung deutlich erkennen lässt. Die Antriebsmaschine ist ein 20 PS Petroleummotor mit vier Zylindern, dieselben sind waagerecht und je zu zweien sich gegenüberliegend über der Hinterradachse des Wagens angeordnet. Je zwei Kolben greifen an eine Kurbel, und die Triebwelle, die der Längsachse des Fuhrwerks parallel ist, wird durch zwei Schwungräder V, V in ihren Bewegungen ausgeglichen. Ihre Bewegung überträgt sich durch das konische Zahnradgetriebe f auf die Hauptwelle A, von welcher ebenso wohl die Bewegungen des Wagens als der Antrieb der Druckpumpe P ausgehen. Zur Fortbewegung der Feuerspritze, die nach Belieben mit 8 oder 15 km/h geschehen kann, dienen die Riemenscheiben M O b d, neben welchen sich Losscheiben zur sofortigen Unterbrechung der Bewegung befinden. Der Wagen kann demnach, während der Motor seine Bewegung ununterbrochen in demselben Tempo fortsetzt, nach Belieben schnell oder langsam fahren, anhalten oder sogar rückwärtsgehen.

Selbstfahrende FeuerspritzeAnsicht und Durchschnitt der selbstfahrenden Feuerspritze.

Nachdem die Fortbewegung durch Ausrücken der Treibriemen auf die Losscheiben gehemmt ist, kann die volle Kraft des Motors durch Einrücken des Zahnradgetriebes n m auf die doppeltwirkende Pumpe P übertragen werden. Der Motor braucht dabei weder ab- noch angestellt zu werden. Es ist ferner keine Heizung nötig, wie bei den Dampfspritzen, sondern die Maschine kann unmittelbar nach der Ankunft am Orte des Brandes mit den Löscharbeiten beginnen. Ebenso kann das Gefährt im Feuerwehrdepot unmittelbar nach dem Eintreffen der Meldung in Bewegung gesetzt werden und wird in den meisten Fällen früher zur Stelle sein, als eine Dampfspritze mit Bespannung. Betrieb und Unterhaltung werden sich vielleicht billiger, keineswegs aber teurer als bei den Dampfspritzen stellen.

• Auf epilog.de am 25. Juni 2023 veröffentlicht

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