VerkehrPostwesen

Ein Beitrag zur Geschichte des Postwesens

Die Abendschule • 15.10.1878

Im Verein für die Geschichte Berlins hielt Postrat Tybusch einen interessanten Vortrag, erläutert anhand einer im Sitzungssaal veranstalteten Ausstellung von Gegenständen des Postmuseums. Da sah man alte Holzschnitte und Kupferstiche, welche das alte Postwesen veranschaulichten, eine afrikanische Dromedar-, eine bretonische Stelzenpost, Taubenpost und Ballonposten aus dem belagerten Paris, Postmodellwagen aller Nationen mit und ohne Passagiere, Proben der Schreibmaterialien aller Völker und Zeiten usw.

Das vom Generalpostmeister eingerichtete Postmuseum zeigt die Entwickelung des Postwesens bei den einzelnen Völkern. Sie beginnt mit den spärlichen Überlieferungen des Altertums. Ein Probeblatt aus Orissa in Ostindien repräsentiert die ursprüngliche Erscheinung des Schreibmaterials. Dann folgen Wachstafeln, wie sie zuerst im sechsten Buch der Ilias genannt werden. Der ägyptische Papyrus war lange Zeit sehr teuer. Ein mittelgroßes Blatt kostete zu Perikles Zeit 4 ½ Mark. Im dritten Jahrhundert v Chr. tauchte das Pergament auf, 1314 n. Chr. das Lumpenpapier in Italien. Die erste deutsche Papierfabrik wurde in Mainz errichtet.

Seit dem vierzehnten Jahrhundert beginnen die Briefe, die heutige Form anzunehmen. 1820 wurden die Briefcouverts erfunden, Dr. Stephan erfand die Korrespondenzkarte, von denen schon jährlich allein in Europa 400 Millionen Stück versandt werden.

Was die Arten der Briefbeförderung anbelangt, so benutzte der Orient die Taube zuerst als Boten. Cyrus richtete zuerst reitende Posten ein. In Griechenland benutzte man Läufer und Schiffe. Rom behalf sich zur Zeit der Republik mit Privatboten. Briefe aus Afrika brauchten 15 bis 20 Tage, aus Asien 40 Tage. Cäsars Berichte aus Gallien gingen 12 Tage. Augustus richtete die erste öffentliche Briefbeförderung ein. Die reitenden Boten hießen equites positi, daher der Name Post. Sie hatten unterwegs Stationshäuser, um welche stets ein reges Leben herrschte. Die Pariser Universität richtete zuerst im Mittelalter (um 1295) Botenposten ein. Sie sind die Vorboten des modernen Postwesens. 1451 wurde die Thurn und Taxissche Post von Kaiser Maximilian eingerichtet. Diese einheitliche Zusammenfassung des Verkehrswesens im Reich war von großer Bedeutung. 1517 entstand die erste fahrende Post zwischen Brüssel und Wien. Die erste Schnellpost wurde Ende der 1820er Jahre in Preußen eingerichtet, sie brauchte 15 Tage von Petersburg bis Paris.

1850 entstand der deutsch-österreichische Postverein, vom 1. Januar 1868 datiert die norddeutsche Bundespost, vom Jahre 1871 die Deutsche Reichspost. Der Welt-Portosatz ist heut vollendete Tatsache. Der Weltpostverein umfasst 1 500 000 Quadratmeilen der bewohnten Erde.

Die Geschichte der Berliner Stadtpost speziell ist in großen Umrissen folgende: Die Einrichtung datiert vom l. Dezember 1827. Sie begann mit 50 Briefsammelstellen. Fünfmal des Tages wurden die Briefe nach dem Hofpostamt dirigiert. Berlin war in 36 Reviere geteilt. 1828 brachte die Stadtpost 6695 Taler, 1840 schon 20 000 Taler, 1850 30 000 Taler Reingewinn. 1851 wurden die Postexpeditionen eingerichtet, 8 in der Stadt, 5 auf den Eisenbahnhöfen. 127 Briefkästen dienten zum Einlegen der Briefe. Einspännige Briefposten beförderten die Briefe nach dem Hofpostamt. Seit 1842 wurden die Briefe sechsmal täglich, seit 1852 zwölfmal ausgetragen. Gegenwärtig sind 1000 Briefträger und über 400 Wagen im Dienste der Stadtpost, abgesehen von den zahlreichen Rohrpostleitungen, 100 Posteisenbahnzüge verlassen täglich Berlin und ebenso viele langen an. Die älteste Poststelle Berlins ist das Hofpostamt, gegründet vom Großen Kurfürsten. Dasselbe beschäftigt nahezu 400 Beamte. Am 14. Januar 1871 beförderte es in 5 zweispännigen Packwagen 160 000 Feldpostbriefe aus den östlichen Provinzen. Berlin besitzt jetzt 72 Postanstalten mit einem Personal von über 3000 Köpfen. 62 Millionen Stück Postsendungen gehen jährlich bei diesen Anstalten aus und ein.

• Auf epilog.de am 21. März 2023 veröffentlicht

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