Handel & IndustrieDruck & Papier

Die Papierfabrikation

Das Buch für Alle • 1867

Voraussichtliche Lesezeit rund 4 Minuten.

Das Papier, dieser für das geistige Leben so hochwichtige Manufakturartikel, ist ein filziges Gewebe, hergestellt aus kleinen Pflanzenfasern, die verschiedenen pflanzlichen Stoffen entnommen werden können, bekanntlich aber in bester Qualität sich aus leinenen Lumpen gewinnen lassen, da sie durch langen Gebrauch bereits sehr vermürbt sind und wegen der geringen Elastizität der Linnenfaser ein vorzugsweise festes Produkt liefern.

Fabrikation des HandpapiersDie Fabrikation des Handpapiers.

Die Arbeit in der Papierfabrik beginnt mit dem Sortieren der Lumpen, welche unter Beseitigung aller wollenen oder seidenen Beimengung nach Farbe und Gewebsbeschaffenheit geschieden werden, wobei man zugleich die Nähte, Knöpfe und Häkchen entfernt. Dem Sortieren folgt das Zerkleinern in etwa zollgroße Stücke, das man vermittelst verschiedener Maschinen besorgt. Die nochmals sorgfältig durchgesehenen zerschnittenen Lumpen kommen nun zur trockenen Reinigung in den sogenannten Lumpenwolf, einen Drahtzylinder, in dessen Achse sich eine mit vielen Zapfen besteckte Walze rasch bewegt, so dass die Lumpen tüchtig durchgebeutelt und ausgestäubt werden.

Nachdem noch eine nasse Reinigung durch Kochen, Laugen oder Einführung von Wasserdämpfen vorgenommen worden ist, bringt man die Lumpen mit Wasser (statt wie früher auf ein Stampfwerk, woher der Name Papiermühle) in den sogenannten Holländer, der im Wesentlichen aus einer mit Messern besetzten Walze besteht, die, indem sie sich um ihre Achse dreht, anderen feststehenden Messern mehr oder weniger genähert werden kann. Dieser Apparat, der mehr reißend und zerrend als schneidend wirkt, erzeugt je nach der Dauer seiner Einwirkung, der größeren oder geringeren wechselseitigen Annäherung der sich gegenüberstehenden Messer und der Geschwindigkeit, mit welcher die Walze sich dreht, einen gröberen oder feineren Brei, der den Namen Halbzeug oder Ganzzeug führt und für gröbere oder feinere Papiersorten Verwendung findet. Der Brei ist noch missfarbig und muss daher gebleicht werden, was durch die Einführung von Chlordämpfen oder durch die Behandlung mit Chlorkalk und Schwefelsäure geschieht. Diese Arbeit wird in einer beweglichen Trommel vorgenommen. Da indes das Chlor das Papier brüchig machen würde, so muss es, nachdem es seine bleichende Wirkung geübt hat, durch Auswaschen entfernt werden.

Bleichen der PapiermasseDas Bleichen der Papiermasse.

Jetzt beginnt das Feinmahlen in dem Ganzholländer, in welchem man auch dem Teig die Farbnuance, die man dem Papier geben will (es würde sonst als Naturpapier einen gelblichen Ton haben) und für Schreibpapiere die bindende Leimsubstanz beigibt. Das Ganzzeug hat nun das Aussehen eines mit Wasser zerrührten Mehlbreis, der noch weiter mit Wasser verdünnt wird, und ist das Material, das dem Handpapier sowohl als dem Maschinenpapier zu Grunde liegt.

Das Handpapier wird aus der Breibütte vermittelst der Form, eines mit messingenen Drahtstäben nebst eingefügtem Fabrikzeichen (für das gerippte Papier) oder feinem metallenen Gitterwerk (für das Velinpapier) überzogenen hölzernen Rahmens, geschöpft, auf welchem die Dicke der Breischicht ein abnehmbarer offener Rahmen (der Deckel) bedingt. Der Arbeiter entfernt nun durch Schütteln die größte Wassermenge, welche durch die Lücken zwischen dem Draht entweicht, nimmt den Deckel ab und schiebt die Form dem Kautscher zu, der durch schräges Aufstellen derselben zuerst noch mehr Wasser abfließen lässt und dann den nassen Bogen auf eine Filztafel abdrückt, worauf die Form wieder an den ersten Arbeiter zurückgeht. So werden dann Papierblätter und Filztafeln stetig aufeinander gehäuft, bis ein Pauscht (181 Bogen zwischen 182 Filzen) angehäuft ist, den man nun unter eine kräftige Presse bringt, um das Wasser vollends zu entfernen. Das aus den Filzen genommene Papier wird wieder gepresst, getrocknet und ist zum Gebrauch fertig. Das Handpapier wird wegen seiner größeren Festigkeit, die bei der Maschinenfabrikation unter der massenhaften Produktion Not leidet, vorgezogen.

Fabrikation des MaschinenpapiersDie Fabrikation des Maschinenpapiers.

Bei Anfertigung des Endlosen- oder Maschinenpapiers dreht sich eine mit Flanell überspannte Walze in der seichten Teigbütte. Der Teig haftet sich dem wollenen Stoff an, der sich nun mit fester Überkleidung über eine Reihe großer, hohler von innen heraus erwärmter Metallzylinder abwickelt. Bei diesem allmählichen Übergang über die erwärmten Walzen trocknet der Teig, verhärtet und gewinnt nachgerade die Festigkeit eines feuchten Papiers. Auf diese Weise wird ein endloser Papierstreifen gewonnen; der sich durch eine an der Maschine angebrachte Schere nach beliebigem Format zerschneiden lässt. Die Bogen werden gepresst, getrocknet und sind zum Gebrauch fertig.

Zu Packpapier und Pappendeckeln bedient man sich des ungebleichten Halbzeuges. Zu ihrer Herstellung können auch Abfälle von Druckpapier verwendet werden, die für weißes Papier nicht nutzbar sind, da die Kohle der Druckerschwärze dem entfärbenden Einfluss des Chlors widersteht.

• Auf epilog.de am 12. Februar 2023 veröffentlicht

Reklame