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Der neue Lotsen-Wartturm in Swinemünde

Zentralblatt der Bauverwaltung • 10.9.1881

Die Lotsenwarten, in der Nähe der Hafeneinfahrten errichtete Beobachtungsstationen von angemessener Höhe, dienen hauptsächlich dazu, um die den Hafen anlaufenden Schiffe möglichst frühzeitig wahrnehmen und melden zu können, so dass die Lotsen hinreichende Zeit haben, den Schiffen entgegenzufahren und sie ohne Zeitverlust in den Hafen einzubringen.

Lotsen-Wartturm in Swinemünde

Die in den Jahren 1830 und 1831 bei der Einfahrt in den Swinemünder Hafen erbaute Lotsenwarte war in den unteren Stockwerken von ausgemauertem und verblendetem Fachwerk, oben ganz aus Holz konstruiert. Im Jahr 1879 wurde dieselbe, nachdem sie als baufällig befunden wurde, durch einen neuen massiv aufgeführten Wartturm ersetzt.

Die Baustelle dieses Turms ist eine 4,3 m über dem Spiegel der Ostsee gelegene alle Schanze in der Nähe der Wurzel der Westmole, wo auch die nunmehr abgebrochene alte Warte stand. In Ziegelrohbau ausgeführt, erhebt sieh der neue Wartturm auf einem 2 m tiefen, 0,5 m über dem Terrain hervortretenden Feldsteinfundament zunächst mit einem zylindrischen Unterbau von 7 m Durchmesser und 3,5 m Höhe. Auf diesem setzt sich ein steiler abgestumpfter Kegel von 6,6 m unteren und 6 m oberem Durchmesser und 9 m Höhe auf, welcher mit einem Konsolgesims gekrönt. ist. Die hier liegende Abdeckung mit Granitplatten bildet einen um die Wartstube herumlaufenden 1 m breiten, mit einem schmiedeeisernen Geländer versehenen Umgang, von wo aus Wind und Wetter beobachtet und das Aufziehen der Flaggensignale besorgt wird.

Hierauf steigt der Thurm wiederum in Form eines Zylinders von 6,2 m Durchmesser und 4,7 m Höhe weiter auf, und dann ist das Mauerwerk mit einem Krönungsgesims aus Granit abgedeckt. Den Schluss des Bauwerks bildet ein Kuppelgewölbe, welches mit Granitplatten in abgetreppter konischer Form abgedeckt ist. Der vortretende Schlussstein ist vasenförmig profiliert und für die hindurchgehende Flaggenstange durchlocht. Auf der Vase ruht ein Zeitball aus Zinkblech, welcher die Flaggenstange umfasst und an dieser mittels einer Leine auf- und niedergezogen werden kann. Der Ball findet jedoch keine Verwendung, da inzwischen seitens der Reichs-Telegrafen-Verwaltung eine besondere Zeitballsäule errichtet worden ist.

Die Flaggenstange wird durch eine zugleich als Gewölbeverankerung dienende kräftige Eisenkonstruktion gehalten und kann, im Falle dieselbe der Reparatur oder des Anstrichs bedarf, in den Kern des Turmes bildenden hohlen Mauerzylinder herabgelassen werden. Um diesen Zylinder windet sich die 1 m breite Treppe aus Granitstufen bis zur Wartstube, welche mit ihrem Fußboden 17,3 m über dem Mittelwasser der Ostsee liegt und eine kreisförmige Grundfläche von 4,12 m Durchmesser hat. Der Fußboden der Wartstube besteht aus einer Balkenlage mit Dielung, ihre Decke aus einem flachen Kugelgewölbe, welches von der bereits erwähnten Schutzkuppel überdeckt ist. Von einem nach Norden liegenden Fenster der Wachtstube lässt sich mittels eines in demselben aufgestellten drehbaren Fernrohr die ganze vorliegende See überblicken. Diesem Fenster gegenüber liegt die nach dem Umgang führende Glastür.

Die Gesamthöhe des Turmes über dem Termin beträgt, ohne den Zeitball 20,9 m, die Baukosten haben 20 432 Mark betragen.

In nächster Nähe des Wartturms befindet sich in einem besondern Gebäude die ›untere‹ Lotsenwache. Die ›obere‹ Lotsenwache dagegen ist beim Lotsenbüro im inneren Hafen untergebracht, wo auch das zum Besetzen der Schiffe mit Lotsen dienende Dampfboot anlegt. Behufs schleuniger Benachrichtigung der oberen Lotsenwache ist zwischen dieser und dem neuen Wartturm eine Telefonverbindung hergestellt.

• Richrath

• Auf epilog.de am 8. November 2016 veröffentlicht

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