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Der belgische Duryen-Wagen

Allgemeine Automobil-Zeitung • 22.4.1900

Den belgischen Duryen-Wagen rühmt die Constrction Liégeoise d’Automobiles nach, dass sie so geräuschlos wie Elektromobile laufen und keinerlei Vibration zeigen, gleichgültig, ob der Wagen in Bewegung oder der Motor arbeitend auf Leergang gestellt ist. Gleichzeitig haben sie vorzügliche Proben im Nehmen von bedeutenden Steigungen geliefert.

Der belgische Duryen-Wagen

Als populärste Type gilt ein Jagdwagen mit 28- und 30-zölligen Rädern, 2¾-zölligen Pneumatiks und Kugellagerachsen, der so nahe auf den Boden herabreicht, dass auch Damen bequem aufsteigen können. Er hat einen Sitz vorn und einen Notsitz rückwärts, beide sind so breit, dass bequem zwei erwachsene Personen und ein Kind Platz finden. Das Gewicht des Wagens beträgt 380 – 415 kg. Über den Mechanismus machen die Konstrukteure folgende Angaben:

Der Benzin-Motor hat zwei horizontale, gegenüberliegende Zylinder, die Kurbeln sind unter einem Winkel von 180° auf einer gemeinsamen Kurbelwelle vereinigt, welcher auch das Schwungrad und das Geschwindigkeitsgetriebe trägt. Die Kolbenstangen und Kurbeln sind in einem Gehäuse eingeschlossen, in dem sich ein Ölbad befindet. Die Kolbenstangen sind, wie aus der Abbildung zu entnehmen ist, durchbrochen, und der Hohlraum wird als Ölreservoir benützt, von dem aus die Kurbelzapfen und Kolbengelenke geschmiert werden. Die Geschwindigkeit des Motors ist gering, nicht über 400 Touren in der Minute, wodurch eine rasche Abnutzung der Arbeitsteile vermieden wird. Die Zündung ist konstant, die Motorgeschwindigkeit kann durch die zugelassene Quantität des Explosionsgemisches reguliert werden. Letzteres geschieht vom Wagensitz aus durch den Druck auf einen Knopf des Steuerhebels.

Über den Vergaser fehlen nähere Angaben. Er soll so eingerichtet sein, dass auch Benin von verschiedener Dichte ohne Nachtheil verwendet werden kann.

Der belgische Duryen-Wagen

Die Wasserkühlung des Motors erfolgt ohne Pumpvorrichtung. Zu beiden Seiten des Wagens befindet sich ein Reservoir. Ein Eimer Wasser reicht für eine Fahrt von 100 km aus. Der Wassermantel lässt sich leicht abnehmen, so dass man einen eventuellen Bodensatz bequem entfernen kann. Es ist dies ein großer Vorteil, da solche Rückstände die normale Kühlwirkung stark beeinträchtigen.

Die Zündung erfolgt elektrisch. Der nötige Strom wird von einem Dynamo geliefert, den eine durch das Schwungrad betätigte Treibrolle in Gang setzt. Der Zündungsfunke wird vom Dynamo direkt erzeugt, es braucht also keine Batterie verwendet zu werden. Um eine zu große Geschwindigkeit des Dynamos zu vermeiden, ist ein Zentrifugal-Regulator vorgesehen, der, sobald der Dynamo mehr als 1500 Touren in der Minute macht, einen Leergang der Treibrolle bewirkt. Im Moment der größten Kompression springt ein intensiver Funke über. Zur Stromverstärkung dient eine Induktionsspule.

Unabhängig von den Ölreservoirs in den Kolbenstangen besorgt ein eigener Behälter die konstante Schmierung der Kolben.

Der Wagen hat zwei Geschwindigkeiten, welche durch einen Hebel reguliert werden, und eine durch ein Pedal beorderte Reversiervorkehrung. Der Geschwindigkeitswechsel erfolgt durch beständig im Eingriff bleibende Getriebe. Sie gestatten fast jeden Geschwindigkeitsgrad zwischen 10 km/h und 30 km/h. Das Einrücken geschieht durch eine Klauenkuppelung, die sowohl beim Angehen wie beim Geschwindigkeitswechsel jeden Stoß vermeidet.

Die Steuerung wird durch eine zur Rechten des Wagenlenkers befindliche Handkurbel bewirkt. Lässt der Lenker den Steuerhebel frei, so hält der Wagen eine schnurgerade Richtung ein.

Man kann zu dem Motor gelangen, ohne irgendeinen Bolzen oder eine Schraube zu entfernen.

• Auf epilog.de am 29. Mai 2021 veröffentlicht

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