Forschung & Technik – Technik
Das Foto als Schallplatte
Hundertprozentige Schallplatte aus Papier! – ›Optophon‹ – ein Tonbild-Grammophon
Funkschau • 4.1.1931
›Optophonie‹ nennt sich das neueste Aufnahmeverfahren, akustische Wahrnehmungen, Musik, Sprache, Geräusche, als optische Tonbilder zu reproduzieren.
Während der Sprech- und Tonfilm bisher fast ausschließlich nur in Lichtspielhäusern in größtem Maßstab Eingang gefunden hat, finden wir neuerdings in Amerika Tonfilm-Grammophone auf dem Markt, die weniger kosten als eine gute Sprechmaschine und, vermittels kleiner Schmalfilmrollen, ganze Opern über Radio-Verstärker und Lautsprecher wiederzugeben gestatten, in einer Qualität, die unübertrefflich ist, an die elektrische Schallplatten-Reproduktion nicht heranreicht. Obwohl die heutigen Schallplatten, was die Qualität der Wiedergabe anbetrifft, wirklich als erstklassig anzusehen sind, ist es doch unmöglich, Musik und Sprache so vollkommen naturwahr und insbesondere mit präzisester Lautstärke festzuhalten, wie eben auf dem Filmband. Wie die Praxis zeigt, ist aber der Schallplatte bisher im Tonfilm noch kein ernsthafter Konkurrent erwachsen, was seinen Grund in der Hauptsache nur in dem höheren Preis des Letzteren hat. Jetzt geht, man allgemein zur Verwendung von Papierfilmen über, wobei sich das Bild sofort wesentlich ändert. Während nun zur Wiedergabe dieser Tonfilme, wie erwähnt, die Anschaffung einer sog. ›Tonkamera‹ nötig ist, ermöglicht es das deutsche Optophon-Verfahren, Lichtton-Musik mit jeder vorhandenen Sprechmaschine über Kraftverstärker durch Lautsprecher wiederzugeben. Die Vorteile sind also ganz bedeutende.
Alle bekannten Aufnahmemethoden zur Bannung von Tönen durch Licht benutzten Filmbänder. Dies birgt gewisse Nachteile. Der Film nutzt sich wie die Schallplatte bei öfteren Reproduktion ab, vor allem aber kann er reißen, und Tonfilme lassen sich nicht zusammenflicken wie Bildfilme, ohne dass einige Töne ausfallen. Beim Kinotonfilm verhütet das bekanntlich der sog. ›Schraubenspiegel‹. Aus diesen Gründen gelangt beim ›Optophonie‹-Verfahren kein Filmstreifen, sondern eine runde Filmscheibe aus Karton zur Verwendung. Derartige Tonbildplatten unterliegen fast überhaupt keiner Abnutzung, denn sie werden nicht durch Abrollen beansprucht, andererseits auch von keiner Nadel abgespielt, sondern durch einen ›Lichtstift‹ abgetastet. Recht bemerkenswert ist, dass solche Tonbildplatten trotz höchsterreichbarer Tonqualität billiger sind, als die Schallplatten bei gleicher Größe und Spieldauer. (Sie werden in Kürze im Handel erscheinen.)
Abb. 1. Bei dem neuen Aufnahmeverfahren zeichnet ein Lichtstrahl den Ton auf eine Fotoplatte.Das Prinzip der Optophon-Aufnahme veranschaulicht Abb. 1. Die ›Matrize‹, bei der Schallplatte aus Wachs, ist hier eine runde fotografische Platte, die durch ein Antriebswerk in Drehungen versetzt wird. Darüber ist eine Kerrzelle angeordnet, welcher die verstärkten Mikrofonströme zugeführt werden und als Relais wirkend diese in wertentsprechende Lichtschwankungen umwandelt. Wenn man sich nun vergegenwärtigt, dass sich die Platte dreht und das Lichtrelais zwangsläufig synchron nach der Mitte zu geführt wird, so ergibt sich, dass die Schallaufzeichnung genau wie bei der Schallplatte in einer dichten Spirale erfolgt, mit dem Unterschied, dass frequenzentsprechend nicht Wellenlinien aufgezeichnet werden (Schallplatte), sondern ganz ebenmäßige Spirallinien. Ist die Platte entwickelt, so kann man, diese unter einer starken Lupe betrachtet, den Wechsel von Hell und Dunkel in vielen Nuancen deutlich wahrnehmen. Diese Spirallinien enthalten Klangfarbe, Tonstärke und Tonhöhe in der vollkommensten Weise.
Von dieser ›Vaterplatte‹ (es werden in Wirklichkeit zugleich mehrere aufgenommen) können nunmehr im Wege des fotografischen Schnellkopierverfahrens Tausende von Vervielfältigungen auf Papier angefertigt werden. Die ganze Schallplattenfabrikation ist, wie seltsam es klingt, ein reiner fotografischer Prozess, deshalb fabriziert auch diese Platten eine Fabrik fotografischer Papiere. Die Optophon-Platten, wie sie in den Handel kommen werden, bestehen aus einer 3 mm starken Pappscheibe und tragen beiderseitig eine lichtempfindliche Schicht. Durch Kopierautomaten höchster Präzision wird auf beide Seiten durch die ›Vaterplatte‹ das Tonbild des Musikstückes aufkopiert.
Abb. 2. Ein einfacher Zusatzapparat, auf das Grammophon aufgesetzt, ermöglicht das Abspielen der Fotoplatten.Wie eingangs erwähnt, können die Optophon-Platten für jede Sprechmaschine Verwendung finden, doch ist eine kleine Zusatzvorrichtung nötig, die auf die Achse des Plattentellers gesteckt wird.
Abb. 3. Die Vergrößerung der neuartigen Abnahmedose lässt eine ringförmige Photozelle erkennen, durch die der Lichtstrahl hindurchtritt.Wir haben ja gesehen, dass Musik und Sprache optisch, nicht mechanisch, auf die Platte gebannt wurden, folglich sind auch keine Schallrillen vorhanden, in welchen eine Nadel gleiten kann. Es ist also erforderlich, dass wir die ›optischen Töne‹ wieder in wertentsprechende elektrische Ströme umwandeln. Diese Vorrichtung zeigt Abb. 2 im Schnitt. Ersichtlicherweise besteht dieselbe aus einem sehr einfachen Spindelgetriebe, an dessen Ende der Lichtverwandler angebracht ist. In einem kleinen Gehäuse befindet sich eine elektrische Birne, sowie eine Linse, während in der Spitze eine ganz neuartige sog. Selen-Punktlochzelle steckt, der wichtigste Faktor des ganzen, das Lichtstrom-Relais. In der Abb. 3 ist stark vergrößert schematisch dargestellt, wie die Umwandlung vor sich geht.
Durch die Linse wird das Licht der Lampe zu einem einzigen Punkt vereinigt, der durch ein haarfeines Loch mitten durch die trichter-spiralförmig gewickelte Selen-Punktlochzelle auf die Oberfläche der Tonbildplatte fällt. Letztere dreht sich normal mit 78 Touren p. Min. und jede Umdrehung der Platte führt den Lichtstrahl um Spiralenbreite nach dem Zentrum derselben zwangsläufig durch die Spindel. Fällt nun der Lichtstrahl auf eine helle Stelle, so wird viel Licht auf die Zelle reflektiert und die Folge ist ein starker Stromfluss nach dem Verstärker. Wie gesagt, wechseln Hell und Dunkel auf der Platte sekündlich in allen Nuancen mehrere Tausend Male, dabei erfolgt die Umformung immer sofort genau proportional dem Helligkeitsgrade in Ströme. Nach entsprechender Verstärkung der Tonbildströme erfolgt dann die Wiedergabe von Musik und Sprache in üblicher Weise durch Lautsprecher in höchst vollkommener Originaltreue.
Besonders dürfte noch die Feststellung interessieren, dass eine Optophon-Platte von 30 cm Durchmesser für 10 Minuten Spieldauer einer Schmaltonfilmlänge von 240 m entspricht.
• R. V.