Forschung & Technik – Technik
Feuerwerkskörper
Der Stein der Weisen • 1890
Die Pyrotechnik, oder Feuerwerkskunst verfügt über eine bedeutende Menge von Feuerwerkskörpern: Leuchtkugeln, Sterne, bengalisches Feuer, Raketen, sogenannte Wasserfälle, Springbrunnen, Palmen, Blumenkörbe, Mosaiken usw. Im Nachfolgenden sind einige derjenigen Feuerwerkskörper beschrieben, welche sich verhältnismäßig leicht herstellen oder im fertigen Zustand besorgen lassen. Bei ländlichen Sommerfesten, oder im Kreise der Familie, im geräumigen Garten des Sommerheims lassen sich pyrotechnische Lustbarkeiten leicht arrangieren, wenn man sich zuvor über etliche der effektvollsten Feuerwerkskörper orientiert hat, wozu die hier gegebenen Anleitungen vielleicht ein kleines Scherflein beitragen dürften.
Wir gehen gleich auf die einzelnen Objekte über. Da wären zunächst die Sonnen. Unter Sonnen versteht man in der Feuerwerkerei gewisse, gewöhnlich sehr hellleuchtende Objekte, welche sich mit großer Geschwindigkeit um die Achse drehen. Die Bewegung dieser Feuerwerke erfolgt, wie jene der Raketen, durch Rückstoß oder Reaktionsbewegung.
Fig. 1Die Abbildung Fig. 1 versinnlicht das Prinzip der Sonnen und gibt gleichzeitig an, auf welche Weise die Hülsen miteinander verbunden sind. Das Gestell der Sonne besteht aus einer Zentralscheibe C, an welcher mittelst einiger Speichen ein Reifen befestigt ist. Am Umfange dieses Reifens sind die Hülsen H so gelegt, wie dies aus der Zeichnung ersichtlich ist. Man verwendet gewöhnlich sechs Hülsen. Die Hülsen sind eigentümlich gearbeitet; es besitzt nämlich jede derselben eine doppelte Zündleitung, die in dem hinteren Ende der Hülse steckt und zu dem vorderen der nächsten Hülse geleitet wird. Diese Einrichtung ermöglicht es, dass sich das Feuer von der erst angezündeten Hülse nach dem Abbrennen zur nächsten fortpflanzt. Wenn wir die Hülse H. am vorderen Ende entzünden, so strömen die Feuergase bei der Öffnung der Hülse rasch aus, der Druck der Gase bleibt aber auf die hintere Fläche der Hülse wirksam, während er auf der vorderen aufgehoben wird; die Hülse wird daher das Bestreben haben, sich in der Richtung des Pfeiles zu bewegen. Da sie aber an dem drehbaren Gestell befestigt ist, so wird sie dieses in Umdrehung versetzen.
Nach dem Gesagten sollte man demnach nur eine Flamme sehen, welche sich im Kreise dreht; die Umdrehungsgeschwindigkeit der Sonne wird aber in kurzer Zeit eine sehr große; infolgedessen vereinigen sich die sehr rasch auf einander folgenden Lichteindrücke zu einem einzigen und es erscheint uns die Sonne als feuriger Kreis. Damit die Sonne große Helligkeit besitzt, besetzt man die Zentralscheibe mit grellleuchtenden Hülsen und bringt bei sehr großen Sonnen einige Kreise solcher Hülsen an.
Um der Sonne mehr Effekt zu verleihen, wendet man Hülsen an, welche mit verschiedenfarbigem Feuer ausgeschlagen sind, das heißt so, dass bei Anwendung von sechs Hülsen die erste z. B. weißes Feuer, die zweite rotes Feuer usw. gibt. Bei großen Sonnen genügt gewöhnlich eine einzige Hülse nicht, um die ganze Masse in Bewegung zu setzen; wir wenden in diesem Falle stets zwei Hülsenreihen an, die nebeneinanderliegen und gleichzeitig abbrennen, indem uns die Erfahrung gelehrt hat, dass zwei engere Hülsen zusammen einen stärkeren Krafteffekt geben, als eine einzige Hülse von großem Durchmesser. Die größte Kraftentwickelung der Hülsen ist zu Anfang des Brennens der Sätze notwendig, indem in diesem Zeitpunkte nicht nur die Bewegung der Sonne beginnen soll, sondern auch das Beharrungsvermögen des ruhenden Körpers überwunden werden muss. Je größer bei sonst gleichem Gewicht der Durchmesser der Sonne gemacht wird, desto leichter kommt die ganze Vorrichtung in Drehung, indem bei einem größeren Abstande vom Mittelpunkt die rückwirkende Kraft stärker wirkt, da sie an dem Umfange des Reifens ähnlich wirkt, wie an einem Hebel.
Die Art und Weise, wie man die Sonne aufstellt, trägt auch viel dazu bei, ob sich dieselbe leicht und schnell umdreht oder nicht. Die gewöhnliche Art,‚ die Sonne aufzustellen, ist die, dass man durch den Mittelpunkt der Zentralscheibe ein Loch bohrt, welches genau senkrecht auf die Fläche dieser Scheibe steht, durch dieses Loch einen langen und entsprechend starken Drahtstift steckt, der in eine Latte eingeschlagen wird. Man muss besonders darauf achthaben, dass das Loch in der Zentrumscheibe gerade nur so groß gemacht wird, als dies notwendig ist, damit sich der Drahtstift ohne Schwierigkeit durchschieben lasse. Ist diese Öffnung zu groß, so schwankt die Sonne bei der Drehung oder gleitet nach rückwärts, stößt hierbei an die Latte und bleibt stehen. Bei größeren Sonnen oder bei den Drehsternen und Feuerrädern, kurz bei allen Objekten, welche sich um einen bestimmten Punkt drehen müssen, soll man etwas mehr Arbeit nicht scheuen, um die Drehung ruhig und gleichmäßig zu machen.
Die Drehsterne.
Fig. 2Die Einrichtung der Drehsterne wird aus Fig. 2 ersichtlich. Der Stern besteht aus einer drehbaren Zentralscheibe, welche drei bis neun, entweder gleichlange oder ungleichlange Speichen besitzt. An den Speichen und mit ihnen parallel sind gewöhnliche Flammenhülsen befestigt. An den Enden der Speichen sind Hülsen so befestigt, dass sie nahezu senkrecht auf die Speichen gestellt sind, die mit dem Brander versehene Mündung aber etwas nach außen gerichtet ist. Die Mündungen dieser Hülsen sind alle nach einer Seite gestellt und durch eine Zündleitung derart verbunden, dass sie alle gleichzeitig in Brand geraten. Jede dieser Hülsen wirkt nun durch rückwirkenden Stoß so auf die Speiche, an welcher sie befestigt ist, ein, dass sie dieselbe zu drehen sucht. Da alle Hülsen in gleicher Richtung wirken, so dreht sich das ganze Objekt mit großer Geschwindigkeit und kann demselben ein größeres Gewicht gegeben werden, da die drehende Kraft hier offenbar eine bedeutendere ist, als bei den Sonnen, bei welchen immer nur eine Hülse brennt.
Dieses Feuerwerksobjekt gibt eine sehr schöne Wirkung, wenn man die schief gestellten Hülsen mit einem Funkensatze ladet, welchem Sterne beigemischt sind. Es ist dann der ganze Drehstern von einem Funkenregen umgeben, aus welchem von Zeit zu Zeit kleine farbige Sterne ausgeschleudert werden.
Die Feuerräder.
Man unterscheidet bei den Feuerrädern vertikale und horizontale Feuerräder.
1. Die vertikalen Feuerräder.
Diese Objekte werden ganz so angefertigt, wie die Drehsterne, nur lässt man die an den Speichen befestigten Hülsen weg, stellt die Hülsen, durch welche die Umdrehung bewirkt wird, vollkommen senkrecht auf die Speichen und befestigt an jeder an der äußeren Seite eine Funkenhülse, die mit ihr in gleicher Richtung steht, aber etvas nach außen geneigt ist. Beim Abbrennen sieht man ein feuriges Rad, welches außen von einem Funkenregen umgeben ist.
In Fig. 3, 4 u. 5 geben wir die Abbildungen der verschiedenartigen Anordnung der Feuerhülsen an drei-, vier- und sechsflammigen Feuerrädern, wovon 5 außer den bewegenden Hülsen eine Anzahl stehender Hülsen trägt, welche mit Funkensätzen geladen sind und bei der Umdrehung rings um die sich drehende Feuerscheibe einen Funkenregen verarbeiten.
Man kann zwei solcher Feuerräder, von denen eines kleiner ist, hintereinander aufstellen und in entgegengesetzter Richtung drehen lassen. Es empfiehlt sich dann, jedes Feuerrad mit einem Satz von anderer Farbe zu laden.
2. Die horizontalen Feuerräder.
Fig. 6Zur Darstellung dieser seltener angewendeten Feuerräder oder Tellerräder setzt man in eine vollkommen horizontale Tischplatte einen leicht drehbaren Stift ein, an welchem sich zwei Stäbe befinden, die zwei Gleiträder tragen, welche auf dem Tische leicht im Kreise herumlaufen können. (Fig. 6.)
An den Enden dieses Stabes sind drehbar zwei vertikale Feuerräder angebracht, welche sich bei der Entzündung um sich selbst und mit dem Stab um den Mittelpunkt des Tisches drehen.
Die Balkenräder.
Fig. 7Dieses Feuerwerksobjekt ist, wie die Abbildung Fig. 7 zeigt, nichts anderes als ein Feuerrad in einfachster Form und kann bei Anordnung von drei bis zwölf Hülsen an jedem Ende der Latte (des sogenannten Balkens), in deren Mitte ein doppelter Kranz mit einfachen Funkensätzen sitzt, als ein sehr wirkungsvolles Hauptstück einer Front verwendet werden.
Die Spirale.
Dieses Objekt wird ebenfalls durch die Reaktionskraft in Bewegung gesetzt und kann nach Belieben in kleinem oder großem Maßstab ausgeführt werden. Im letzteren Falle gibt es sehr schönen Effekt und kann recht gut als Schlussstück einer Vorstellung dienen. Man stellt die Spirale auf folgende Art her:
Fig. 8Man bringt auf einem Pfahle P (Fig. 8) einen Reifen R in horizontaler Lage derart an, dass er sich um seinen Mittelpunkt zu drehen vermag. Am Umfang dieses Reifens sind sechs Stäbe befestigt, welche oben zusammenlaufen und einen Kegel bilden.
An der Basis dieses Kegels – das ist am Umfange des Reifens – befestigt man Leuchtfeuerhülsen L derart, dass sie senkrecht auf dem Halbmesser des Reifens stehen und ihre Brander alle in einer Richtung gestellt sind. Es müssen solche Hülsen in so großer Zahl vorhanden sein, dass sie die Umdrehung des ganzen Objektes bewirken. Bei großen Objekten wird man gut tun, in ein Drittel der Höhe des Kegels einen zweiten Reifen anzubringen, der auf die gleiche Weise mit Hülsen besetzt ist.
Um den Kegel herum zieht man einen Draht, der in einer Spirallinie in beliebig vielen Windungen bis zur Spitze des Kegels emporsteigt. An diesem Draht befestigt man nun in lotrechter Stellung eine Anzahl von Hülsen H, welche mit einfachen Funken- oder Brillantsätzen oder auch mit Sternensätzen geladen sind. An der Spitze des Kegels bringt man eine größere Hülse K an, welche Leuchtkugeln enthält. Alle Hülsen, welche an dem Objekte vorkommen, sind miteinander durch eine Zündschnur Z verbunden.
Beim Abbrennen des Stücks entsteht unten ein feuriger Ring, über welchem sich ein flammender Kegel erhebt, der sich in Spirallinien dreht. Wenn man die Hülsen alle gleich groß wählt, und auf den Grund der zu oberst gestellten Hülse einen Kanonenschlag anbringt, so endet das ganze Objekt mit einem Male mit einem starken Knall.