VerkehrSchifffahrt

European-River-Sea-Transport Union schlägt Alarm

Zustand der ostdeutschen Wasserstraßen verschlechtert sich

Berliner Wirtschaft • Februar 2000

Kürzungen der Haushaltsmittel des Bundes führen dazu, dass sich der Ausbau der Wasserstraßen zwischen Berlin und Hannover für moderne Güterschiffe, das Projekt 17 der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit, um Jahre verzögert. Außerdem hat sich die Befahrbarkeit der ostdeutschen Wasserstraßen durch mangelnde Unterhaltung seit Sommer vergangenen Jahres rapide verschlechtert. Darauf macht jetzt die European-River-Sea-Transport Union e.V. (Erstu) aufmerksam. Auch der Verein zur Förderung des Oder-Stromgebietes und die IHK Berlin haben bereits auf die verschlechterte Situation für die ostdeutsche Binnen-Schifffahrt hingewiesen.

Wie die Erstu, ein Zusammenschluss von Reedereien und Verbänden der Binnen-, Küsten- und Flussseeschifffahrt, berichtet, verzögert sich die Fertigstellung des Projektes 17 durch die vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen vorgenommene Kürzung der Mittel von rund 150 Mill. DM jährlich bis zum Jahr 2015 und später. Gleichzeitig gehen die Mittel für die Instandhaltung der ostdeutschen Wasserstraßen drastisch zurück. Dies führt dazu, dass die Wasserstraßen im Hinblick auf die geplanten Ausbauinvestitionen ›auf verschleiß‹ gefahren werden, stellt die Erstu fest. Als Folge mussten auch im Kanalgebiet der Elbe-Havel-Wasserstraße im Sommer 1999 Tauchtiefen von 1,30 m und 1,40 m festgesetzt werden, die sich bis Jahresende nicht mehr normalisierten. Wegen des Niedrigwassers wanderten Kohletransporte von der Ruhr nach Berlin in großem Umfang auf die Eisenbahn ab, da die Binnenschifffahrt keine wettbewerbsfähigen Preise anbieten konnte.

Tauchtiefen dauerhaft zu niedrig

Ursache für den niedrigen Wasserstand sind undichte Kanalstrecken und marode Schleusenbauwerke, die teilweise mehr als hundert Jahre alt sind. Nach Informationen der Erstu werden auch in diesem Jahr keine Mittel zur Verfügung stehen, um die dringend notwendige Instandsetzung dieser Wasserbauwerke vorzunehmen. Für die nächsten Jahre wird daher mit einem weiteren Rückgang der Tauchtiefen im Kanalgebiet gerechnet. Im Jahr 2003 werden nach der bestehenden Planung zwar Großmotorgüterschiffe über die Kanalbrücke über die Elbe hinaus weiter nach Osten fahren können. Sie treffen jedoch in dem anschließenden Elbe-Havel-Kanal auf Jahre hinaus nur eine Tauchtiefe von etwa 1,20 m an. Dies aber ist für einen wirtschaftlichen Binnenschiffsverkehr mit herkömmlichen Motorschiffen bei weitem zu gering. Eine Alternativroute nach Berlin aber besteht nicht.

Schon heute sind die Umschlagsmengen in den Häfen an Oder, Spree und Havel deutlich rückläufig. Wenn Niedrigwasser künftig zum Normalfall wird, sind weitere massive Tonnageverluste für die ostdeutsche Binnenschifffahrt zu erwarten. Die verspätete Fertigstellung des Projektes 17 wird das betroffene Gewerbe wohl nicht mehr erleben, da die bei Hafen- und Binnenschiffsgewerbe heute vorhandenen Arbeitsplätze bereits jetzt nicht mehr wettbewerbsfähig sind, unterstreicht Erstu-Präsident Hans-Wilhelm Dünner.

• Hans-Michael Drutschmann

• Auf epilog.de am 4. Februar 2000 veröffentlicht

Reklame