Tauerei mittels Luftkabel

Die Schlepperei mit Hilfe einer Kette, die auf dem Grund des betreffenden Flusses bzw. Kanals ruht und von einem eigens gebauten Dampfer aufgenommen wird, bietet den großen Übelstand, dass der Schleppzug mit der Kette unzertrennbar verbunden ist, abgesehen davon, dass die Schiffsmaschine des Schleppers nicht gerade ökonomisch arbeitet. Man hat sich daher, leider freilich bisher ohne Erfolg, bemüht, ein besseres Tauereisystem zu erfinden.

Mit einem solchen System trat soeben der bekannte Schiffsbauer Oriolle in Nantes in die Öffentlichkeit. Er ersetzt die versenkte Kette durch ein endloses Kabel, welches sich an den Ufern des betreffenden Kanals entlang hinzieht und von stehenden Dampfmaschinen fortbewegt wird. Also die Anwendung des Systems der Seilbahnen auf die Flussschifffahrt. Die eine Seite ist für die zu Berg, die andere für die zu Tal fahrenden Kähne bestimmt. So weit wäre die Sache leicht ins Werk zu setzen. Besondere Schwierigkeiten verursachte aber die selbstverständliche Forderung, dass die Kähne sich nach Belieben mittelst Trossen an das ununterbrochen fortschreitende Hauptkabel anhängen können. Es galt eine elastische Kuppelung nach Art der Zughaken bei den Eisenbahnwagen zu erfinden, welche den unvermeidlichen furchtbaren Ruck im Augenblick des Anhängens abschwächt und einem Reißen des Kabels vorbeugt. Oriolle soll die heikle Aufgabe glücklich gelöst haben; ebenso die Schwierigkeiten bei Abzweigungen des Kanals und bei Brücken und Schleusen. Der Kanalschiffer kann sich jeden Augenblick an das Laufseil anhängen und natürlich die Trosse zu jeder Zeit wieder fahrenlassen.

Ein drei Kilometer langes Probeseil arbeitet augenblicklich in Tergnier mit einem Lokomobile von 35 PS, anscheinend zur Zufriedenheit.

Ein andres, von dem Ingenieur Levy erfundenes und, wie es scheint, ebenfalls brauchbares System der Tauerei wird zurzeit ebenfalls auf seine Brauchbarkeit in Frankreich untersucht.

Unsere Flussschifffahrt liegt bekanntlich, so weit es sich um die Ausnutzung mechanischer Mittel handelt, noch so im Argen, dass auch bei uns jeder Versuch einer Reform mit Freuden begrüßt werden würde.