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Straßenbahnlinien für die Jubiläums-Landesausstellung 1906 in Nürnberg

Elektrische Kraftbetrieb und Bahnen • 14.9.1906

Voraussichtliche Lesezeit rund 4 Minuten.
Straßenbahnnetz Landesausstellung NürnbergAbb. 1. Anschlüsse (punktiert) im Straßenbahnnetz nach der Landesausstellung Nürnberg.

Der Stadtgemeinde Nürnberg oblag als der Besitzerin der Nürnberg-Fürther Straßenbahn die Aufgabe, für die Schaffung ausreichender Straßenbahnverbindungen zwischen der Stadt und dem vom Stadtinneren etwa 2,5 km, vom Hauptbahnhof etwa 2 km entfernten Haupteingang der Ausstellung zu sorgen. Es wurde ein zweifacher Anschluss für notwendig erachtet, und zwar enden die beiden Linien nächst dem Haupteingange, von wo aus sie je in einer Schleife zur Stadt zurückführen. Auf diese Weise ist ein fortgesetzter Betrieb ohne Rangieren möglich. Da die örtlichen Verhältnisse ein unmittelbares Umkehren mittels Schleife vor der Ausstellung nicht gestattet haben, wurde (Abb. 3) für beide Linien die Umfahrung ganzer Häuserblocks erforderlich. Eine weitere Verkehrserleichterung ist durch die Errichtung einer Haltestelleninsel vor dem Haupteingang erzielt worden, über die sämtliche Straßenbahnwagen geleitet werden. Unmittelbar beim Haupteingang wurde ferner ein Abstellgleis angelegt, in das gleichfalls eine Umkehrschleife eingefügt ist und das mit den Betriebsgleisen so verbunden ist, dass die hinterstellten Sonderwagen auf die beiden oben genannten Linien ohne Rangieren verbracht werden können. Das Abstellgleis hat eine Gesamtlänge von ca. 500 m und ist außerhalb des allgemeinen Verkehrs gelegen.

Straßenbahnanschluss am BahnhofsplatzAbb. 2.Straßenbahnanschluss am Bahnhofsplatz nach der Landesausstellung Nürnberg.

Um von der außerhalb der Umwallung die Altstadt umziehenden Ringlinie, die einen besonders starken Verkehr aufzuweisen hat, eine unmittelbare Verbindung zum Ausstellungsplatz zu ermöglichen, wurden an die Ringlinie entsprechende Anschlüsse beim Stadttheater und Hauptbahnhof hergestellt (Abb. 1; sämtliche Ausstellungslinien sind in der Figur punktiert). Gelegentlich des gänzlichen Umbaues des Bahnhofplatzes wurde insbesondere die Weichenanlage an der Königstorbrücke vor dem Hauptbahnhof so ergänzt, dass von allen Richtungen her eine Verbindung mit der Ausstellung vermittelt wurde. Die Königstorbrücke sowie der Gehsteig am Frauentorgraben wurden um so viel verbreitert, dass die Straßenbahngleise über die Gehsteige geführt und die Haltestellen auf diesen errichtet werden konnten (Abb. 2). Die Fahrgäste können auf diese Weise aus- und einsteigen, ohne durch den am Bahnhofplatz sehr lebhaften Fuhrwerksverkehr gefährdet zu werden. Diese Anordnung hat sich inzwischen im Betrieb als sehr zweckmäßig erwiesen. Die Abmessungen für die verbreiterten Gehsteige wurden so gewählt, dass neben den Gleisen ein ausreichender Raum für den Fußgängerverkehr verblieb. Ferner sind am Bahnhofplatz noch ein Ausweich- und ein Abstellgleis eingebaut worden (Abb. 2), die dem Verkehr von Sonderwagen zwischen Bahnhof und Ausstellung dienen. Schließlich wurde noch die Endstation Dutzendteich, in deren Nähe sich ebenfalls ein Eingang zur Ausstellung befindet und die auch sonst einen regen Ausflugsverkehr zu bewältigen hat, zu einer Schleifenanlage ausgebildet.

Zufahrtslinien der StraßenbahnAbb. 3.Zufahrtslinien der Straßenbahn nach der Landes-Ausstellung.

Bei der Schaffung der vorgenannten Linien handelte es sich nicht allein um die Herstellung vorübergehender Verbindungen zwischen der Stadt und dem Ausstellungsplatz, sondern auch um die dauernde Einbeziehung ganzer Stadtbezirke im Südosten der Stadt in den allgemeinen Straßenbahnverkehr. Die Ausgaben, die der Stadtgemeinde für diese Straßenbahnbauten erwachsen sind, beziffern sich allein für die Bahnanlage auf rd. 500 000 Mark [rd. 3,5 Mill. € in 2022]. Dazu kommen noch die sehr bedeutenden Kosten für die Beschaffung von 36 Trieb- und 48 Beiwagen sowie für die baulinienmäßige Herstellung der Zufahrtstraßen zur Ausstellung.

Im Ausstellungsgelände selbst vermittelt eine vom Ausstellungsunternehmen errichtete elektrische Rundbahn die Verbindung zwischen den wichtigsten Punkten der Ausstellung. Die Bahn ist zweigleisig und hat eine einfache Länge von 2,5 km. Sie ist dadurch bemerkenswert, dass das Gleis unmittelbar am Haupteingang (Abb. 3) in zwei Umkehrschleifen ausläuft. Infolge dieser Anordnung konnte eine Überkreuzung der vom Eingang zu den Ausstellungsgebäuden führenden Hauptallee vermieden werden. Die Bahn umfährt auf eigenem Bahnkörper das ganze Ausstellungsgelände. Die Haltestellen sind an den rückwärtigen Ausgängen der Ausstellungsbauten angeordnet. Der Gleisabstand beträgt 3,5 m. An den Haltestellen und Überquerungen ist er stellenweise bis auf 8,0 m erweitert worden, um den die Gleise überschreitenden Personen Gelegenheit zu geben, zwischen den Gleisen zu verweilen, wenn Wagen sich an den Übergängen begegnen. Der Oberbau besteht größtenteils aus alten Sekundärbahnschienen, die auf Holzschwellen verlegt sind. Die Stromzuführung erfolgt oberirdisch. Der Betriebsstrom von 550 Volt wird in der Maschinenhalle der Ausstellung erzeugt. Jedoch ist als Reserve auch ein Anschluss an die städtische Straßenbahn vorgesehen. An Betriebsmitteln sind zehn von den Siemens-Schuckertwerken ausgerüstete offene Triebwagen und fünf Beiwagen vorhanden.

• E-g.

• Auf epilog.de am 10. September 2023 veröffentlicht

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