VerkehrStraßenverkehr

Die Straßen-Lokomotiven

Das Buch für Alle • 1876

Schon seit einer Reihe von Jahren haben sich unsere Ingenieure abgemüht, eine fahrbare, selbstwirkende Lokomotive zu erfinden, welche im Stande wäre, ohne die Hilfe von Eisenschienen sich auf gewöhnlichen Landstraßen fortzubewegen und bei einer mäßigen Schnelligkeit so viel Arbeitskraft zu entwickeln, dass sie zur Beförderung von Personen und Frachtfuhrwerken dienen könnte. Eine Menge Modelle sind schon aufgetaucht, ohne jedoch den an sie gestellten Anforderungen zu entsprechen, denn ein wesentlicher Nachteil war die Erschütterung, welche die Lokomotive auf gewöhnlichen gepflasterten oder beschotterten Landstraßen erlitt und die sich im Verhältnis der erzielten Schnelligkeit so sehr steigerte, dass die Dampferzeugung entweder Not litt oder die Gefahr der Kesselexplosion nahe legte. Straßen-LokomotiveEine Straßen-Lokomotive, zur Güterbeförderung verwendet. Diesem Übelstand hat man neuerdings dadurch abzuhelfen gesucht, dass man ein einfacheres System der Dampferzeugung anbrachte und die sehr breiten Radkränze der Lokomotive und der Waggons mit sehr dicken und teilweise gerillten Reifen von vulkanisiertem Kautschuk umgab, um so den Stoß zu brechen und die Erschütterung zu mindern. Ob die vor einigen Jahren in England und Frankreich aufgetauchten Dampf-Kutschen und Dampf-Omnibusse ihren Zweck dauernd erfüllt haben und noch in Tätigkeit sind, wissen wir nicht; dass aber neuerdings Lokomotiven zum schweren Zug in Frankreich, in England und in Nordamerika in Anwendung sind, und dass zwei oder drei verschiedene Systeme von derartigen Straßen-Lokomotiven einander nun Konkurrenz machen und um den Vorrang ringen, ist Tatsache, und wir führen unseren Lesern auf dem Bild die Ansicht einer derartigen neuen Dampfmaschine vor, welche etwa die Dampfkraft einer gewöhnlichen Eisenbahn-Lokomotive hat und auf jedem Boden zwei bis drei Wagen mit einigen Tonnen Belastung ziehen soll, ohne darum andere Fuhrwerke oder die Sicherheit der Straßen zu gefährden. Diese Erfindung ist für den Transport schwerer Lasten von ungeheurer Wichtigkeit, denn wenn man sich erinnert, welche Plackerei der Transport irgendeines Fuhrwerks mit 12 – 16 Pferden ist, so wird man es nur als einen bedeutsamen Fortschritt begrüßen, wenn man künftig kolossale Steinquader, Bildsäulen, Eisengusswaren usw. von ungewöhnlichem Gewicht und Umfang mittelst einer einzigen derartigen Maschine ebenso leicht als sicher transportieren kann.

• Auf epilog.de am 7. Februar 2024 veröffentlicht

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