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Elektrischer Personenaufzug

Der Stein der Weisen • 1897

Voraussichtliche Lesezeit rund 5 Minuten.

Die mit dem Steigen der Grundpreise in den eleganten und Geschäftsvierteln der Großstädte notwendigerweise sich ergebende neuere Bauart der Häuser, den Mangel an horizontaler Ausdehnung derselben in vertikaler Richtung aufwärts wettzumachen, bringt es auch mit sich, dass für die rasche Beförderung von Personen und Waren etc. vom Erdgeschoss bis in die höchsten Stockwerke vorgesorgt werden muss. Vermöge der oft 100 m Höhe erreichenden Häuser, wie solche die modernen großen Firmen in den Weltstädten bauen – abgesehen von Nordamerika, wo in New York u. a. zwanzig- und mehrstöckige Warenburgen die höchsten Kirchtürme fast erreichen und durchaus nichts Seltenes sind – wäre ein rascher und leichter Verkehr der Kunden, die Beförderung von Waren etc. über Stiegen geradezu unmöglich. Dies macht sich in Amerika umso empfindlicher geltend, als dort die großen Häuser oft gar nicht zureichende Stiegen besitzen, welche den Anforderungen an Belastung etc. gewachsen wären. Teils aus Rücksicht hierauf, teils jedoch auch der Bequemlichkeit der Städter Rechnung tragend, wurden bereits vor Jahrzehnten die sogenannten Fahrstühle in einem eigens dazu freigehaltenen senkrechten Schächten im Inneren des Hauses, meist neben der Treppe, installiert. Dieselben – in senkrechten Gleitschienen durch Seilaufzug in die Höhe befördert – gestatten bei kleineren Anlagen die Beförderung von Personen, Waren u. dgl. nach den oberen Stockwerken schon mittelst einfachen Handantriebs durch einen Bediensteten des Hauses. Für andere größere Aufzüge dagegen dient motorischer Betrieb, durch Gasmotoren, Dampfmaschinen und vornehmlich in neuester Zeit durch die Elektrizität als besonders geeignete Kraftquelle. Nach der schon erwähnten riesigen Höhe der Kaufhäuser in Amerikas Metropolen ist es wohl klar, dass dort besondere Sorgfalt auf die technische Vervollkommnung der Lifts aller Systeme verwendet wird, wobei wieder in erster Reihe die Elektrizität als Betriebskraft in Betracht kommt.

Die Elektron Manufacturing Company in Springfield, Massachusetts, baut zur Zeit Aufzüge mit elektrischem Betrieb für die höchsten Häuser und größten Lasten, indem diese Vorrichtungen eine Arbeitsleistung von 5 – 6 PS entwickeln und dabei Lasten von 800 – 2000 kg in einer Minute 15 – 60 m hochzuheben vermögen.

Elektrischer AufzugElektrischer Aufzug für feuersichere Gebäude.

Aus der hier aufgenommenen Abbildung ist die Konstruktion und Anlage eines solchen Aufzugs – und zwar für die Beförderung von Personen – für Lasten bis 250 kg und einer Hubhöhe von 30 m pro Minute, zu entnehmen. Derartige Anlagen sind in Nordamerika für die ganz aus Eisen und Stein ausgeführten, feuerfesten Häuser nunmehr schon zahlreich installiert, da die Sicherheit und die Leistungsfähigkeit dieser Lifts viel für sich sprechen.

Im untersten Geschoss des Hauses befindet sich nämlich auf einem aus Ziegeln gemauerten und von einer starken Eisenplatte gekrönten Fundament in diesem isoliert verankert der elektrische Motor von nur geringen Dimensionen, aber großer Stärke. In dem für die Passage des Fahrstuhles bestimmten Schacht führen vier Stahlschienen senkrecht nach aufwärts und halten in ihrem quadratischen Zwischenraum den Fahrstuhl. Rollen und Leiträder regeln die Führung der Aufzugsseile, an welchen der elegant aus bronziertem Eisengitterwerk konstruierte Fahrstuhl aufgehängt ist. Die Fördermaschine selbst besteht in einer sogenannten Wurmschraubenanlage, welche die gleichmäßige und sichere Gleitung des Fahrstuhles bewirkt. Die Trommel – unten im Bild sichtbar – welche zur Aufwicklung des ›endlosen‹ Seils dient, sowie der Motor zur Drehung dieser Trommel und die automatischen, aus Zahnrädern mit Schrauben ohne Ende bestehenden Bremsvorrichtungen, welche die Feststellung der Maschine in den einzelnen Haltepunkten der Stockwerke etc. vermitteln, sind auf einer schweren, mächtigen Gusseisenplatte montiert. Die Zugspindel ist aus Kanonenmetall gefertigt und mit einem Zahnrad gekuppelt, welche Teile in einem sich selbsttätig ölenden Gehäuse laufen. Der elektrische Motor wirkt direkt auf die Spindel durch eine isolierte Kuppelung, welche zugleich als Bremse funktioniert. Eine sorgsam durchgeführte Isolierung des Motors von allen anderen metallischen Teilen des Aufzuges schließt eine Ablenkung des elektrischen Stroms und damit Störungen im Betrieb des Fahrstuhles aus. Im Grunde des Bildes sind weiters die eisernen Rollen ersichtlich, welche an der dort gleichfalls eingelagerten Eisenplatte angenietet sind und die Leitung des Aufzugsseiles sichern. Letzteres läuft in sechs zueinander parallelen Strängen über alle Rollen und gewährleistet die sichere Balanzierung des Fahrstuhls. Am Kopfende des Zugwerks laufen die Seilstränge über geschmiedete Eisenrollen, welche sich um Stahlschäfte als Achsen drehen und sich gleicherweise automatisch ölen. Mächtige Stahltraversen, deren Anordnung. die Abbildung erkennen lässt, dienen den Rollen oben als Stützpunkte und sind wieder ihrerseits in dem Mauerwerke des Gebäudes, von dem sie senkrecht vorspringen, verankert. Die eisernen senkrechten Gleitschienen bewirken vermöge ihrer vorzüglichen Konstruktion und Ölung ein geräuschloses Auf- und Abwärtsfahren des Fahrstuhls. Letzterer trägt an der inneren Seite die Regulierwerke für die Einleitung des elektrischen Stroms in die Aufzugsvorrichtung, welche Anlage im Bild angegeben ist. Der Helm des Fahrstuhles hält ferner die Querstange mit gekerbten Enden zum Einspielen in die Gleitschienen, während die Seitenwände des Fahrstuhls gleicherweise mit den die Schienen umfassenden halbhohlen Stahlläufern ausgestattet sind. Durch dichtes Anpressen aller dieser hohlen Rinnen an die Gleitschienen erscheint ein Ausgleiten des Fahrstuhls aus letzteren unmöglich.

Die Aktion des Fahrstuhls geschieht durch Einstellung der vorangedeuteten Anlage im Fahrstuhl selbst ganz leicht und nach Belieben des Benützenden, ebenso wie das Anhalten und die Rückwärts-, beziehungsweise Abwärtsdirigierung. Außerdem besitzt der Fahrstuhl elektrische Beleuchtung und einen Anmelder, der das Erreichen eines jeden Stockwerkes selbsttätig ankündigt.

Von besonderer Vollendung sind die Einrichtungen, welche die absolute Sicherheit des Aufzugs auch dann verbürgen, wenn durch irgendeinen Anlass ein Teil im Gesamtmechanismus versagen, ein Seil reißen oder eine sonstige Störung eintreten sollte, worin der Natur der Sache nach der Hauptwert eines guten Personenlifts liegt. Das Seil des vorstehend geschilderten Aufzugs ist nämlich ›endlos‹ und führt vorerst über ein Leitrad oberhalb der Verankerung am oberen Ende des Lifts, um sodann über eine Richtrolle am Ende des Zugs und schließlich rund um die Sicherheitstrommel des Fahrstuhles zu laufen. Durch Federkraft wird das Seil gezwungen, stets parallel mit der Fahrtrichtung des Fahrstuhls zu laufen. Durch weitere Kontaktschließungen des Stroms werden endlich, sobald ein zu rasches Ablaufen des Seils gefährlich werden könnte, Stoppungen hervorgerufen, welche ihrerseits den Lauf des Fahrstuhls regeln. Über dem Motor befindet sich endlich ein Rheostat, zur Regulierung der Stärke des elektrischen Stroms, welche Anlage im Bild unten links gezeichnet ist. Neben dem Fahrstuhl, etwas unterhalb links von demselben, ist im Bild eine ebenfalls in zwei senkrechten Schienen gleitende schwere Gusseisenplatte zu sehen, welche als Gegengewicht für den Fahrstuhl mit diesem die entsprechenden Bewegungen mitmacht und die Balanzierung gewährleistet, sowie, da sie dasselbe Gewicht wie der Fahrstuhl besitzt, die Arbeit des Motors beim Auswinden erklecklich vermindert.

• Auf epilog.de am 7. März 2024 veröffentlicht

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