Forschung & TechnikElektrotechnik

Elektrische Beleuchtung in Buchdruckereien

Elektrotechnische Zeitschrift • Mai 1880

Seit zwei Monaten – schreibt die Wiener Neue Freie Presse in ihrer Nummer vom 19. April – wird der Setzersaal unserer Druckerei mit elektrischem Licht beleuchtet, welches sich so vollständig bewährt, dass unsere Typographen es fortan als ein Unglück betrachten würden, wenn sie diese Beleuchtungsart künftig entbehren sollten. Durch acht elektrische Differentiallampen, welche von einer einzigen elektrischen Stromquelle (Wechselstrom-Maschine) durch eine Leitung genährt werden, wird volle Tageshelle in dem rechtwinklig gelegenen Saale verbreitet, welcher bisher mit 80 Gasflammen beleuchtet wurde. Die hellere Beleuchtung ist aber nicht der Hauptgewinn, welchen die Setzer von der neuen Einrichtung schöpfen – die vorzüglichste Annehmlichkeit ist vielmehr die gleichmäßige, angenehme Temperatur, die jetzt in dem geräumigen Saal herrscht und an Stelle der oft unerträglichen und gesundheitsschädlichen Hitze getreten ist, welche bis vor kurzem durch die große Zahl der zur Beleuchtung erforderlichen Gasflammen verbreitet ward. Noch ein Umstand mag hier Erwähnung finden, welcher in vielen Fällen dem elektrischen Licht den Vorzug einräumen dürfte, und zwar ist dies die fast absolute Feuergefahrlosigkeit, welche hierbei dadurch erzielt wird, dass zur Entzündung der Lampen keinerlei Zündstoff nötig ist, indem sowohl das Anbrennen wie Verlöschen der Lichter nur durch Ingangsetzung und Stillstand der Lichtmaschinen bzw. Unterbrechen und Schließen der Leitung hervorgebracht wird. Die Einrichtung ist nach dem von der Firma Siemens & Halske in Berlin erfundenem System geteilten elektrischen Lichts getroffen, welches auch zufolge der bei uns gemachten Erfahrungen unter allen bis jetzt angestellten Versuchen, geteiltes elektrisches Licht zur Darstellung zu bringen, als der gelungenste betrachtet werden muss.

• Auf epilog.de am 23. Juli 2023 veröffentlicht

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