VerkehrStraßenverkehr

Das Automobil Bardon

Allgemeine Automobil-Zeitung • 14.1.1900

La France Automobile veröffentlicht die Beschreibung eines neuen selbstbeweglichen Wagens, der schon aus dem Grund Beachtung verdient, weil zwei Mitglieder des Pariser Hauses Rothschild an der Gesellschaft, die ihn erzeugt, finanziell interessiert sind. Es ist dies ein von dem Ingenieur Bardon erfundener Motor, der in eingeweihten Kreisen dem Daimler-Motor gleichgestellt wird. Ein Automobil Bardon soll im Lauf des Monats Januar 1900 zu Herrn Arnold Spitz nach Wien kommen, und dann wird man ja sehen, ob der gute Ruf, der diesem Fabrikat vorangeht, gerechtfertigt ist.

Die Gesellschaft, welche das Automobil Bardon erzeugt, führt den Titel ›La Société d’automobiles et de traction‹ und hat ihren Sitz in Paris, 30.

Die Beschreibung des Typs mit 4 Pferdekräften lautet nach La France Automobile wie folgt:

Der Wagen besitzt einen horizontal in der Richtung der Fahrt liegenden Motor. Dieser Motor mit Wasserkühlung besteht aus einem Zylinder, in dem sich aber zwei entgegengesetzt angeordnete Kolben befinden, welche durch die Explosion in einer gemeinsamen Explosionskammer nach entgegengesetzten Richtungen geschleudert werden.

Automobil Bardon

Man begreift sofort die ökonomischen Vorteile dieser Anordnung, welche den Verbrauch des Benzins auf ein Minimum reduziert und die Anzahl der Ventile auf zwei herabsetzt. Die Bewegung der beiden Kolben wird durch Winkelräder auf eine gemeinsame Welle übertragen, die parallel zum Zylinder liegt. Die Welle trägt den Friktionskonus, der es gestattet, ganz nach Belieben die Kraft des Motors vermittels Ketten auf die das Differential tragende Hinterradachse, respektive auf die Triebräder, wirken zu lassen.

Aufmerksamkeit erregt die ingeniöse Anordnung des Konus, der zweifach ist und über den sich zwei Schalen pressen. In Verbindung mit dem Schnelligkeitswechsel wird durch ihn die Kraft auf die Differential-Achse übertragen. Dank dieser Anordnung sind alle seitlichen Stöße vermieden. Das ist einer der Gründe, weshalb man mit einem Minimum von Betriebskraft große Schnelligkeiten erzielen konnte.

Der Wagen hat drei Schnelligkeiten und eine Rückwärtsfahrt. Die Zündung ist elektrisch, die Lenkung erfolgt durch ein Steuerrad, an dessen Seite die Hebel zur Regulierung der Schnelligkeiten und der Zündungen sich befinden.

Drei sehr kräftige Bremsen wirken auf die Differential-Achse und auf die beiden Hinterräder.

Das Modell, das wir im Bild zeigen, wiegt nicht mehr als 650 kg und hat schon mehr als 5000 km gemacht, wobei selbst die steilsten Berge mit vier Personen Besatzung befahren wurden.

Terront, ein ehemaliger Radrennfahrer, lenkte das Vehikel trotz starken Schnees durch die ganze Normandie.

Gegenwärtig sind Typen der gleichen Konstruktion mit 12- bis 16-pferdigen Motoren in Arbeit.

• Auf epilog.de am 15. September 2017 veröffentlicht

Reklame