DaseinsvorsorgeWasserwirtschaft

Das älteste Wasserhebewerk bei Berlin

Die Welt der Technik • 15.12.1907

Voraussichtliche Lesezeit rund 9 Minuten.

Die Regierungszeit Kurfürst Joachim des Zweiten (1535 – 1571) brachte der Mark Brandenburg und insbesondere ihrer Hauptstadt Berlin kräftiges gewerbliches Aufblühen; es war eine fröhliche und im Gegensatz zu dem zwei Menschenalter später hereinbrechenden Unheil des Dreißigjährigen Krieges glückliche Zeit. Handel und Gewerbe gediehen damals im alten Berlin; glänzende Feste folgten einander am kurfürstlichen Hof; der kurfürstliche Baumeister Kaspar Theiss baute das reich verzierte Kurfürstenschloss, an dessen Stelle später Schlüter seinen imposanten Königspalast errichtete, und das einfache noch heute erhaltene Jagdschlösschen Grunewald. Nicht auf der gleichen Entwicklungshöhe aber standen im Berlin jener Tage die zur Lösung technischer Aufgaben erforderlichen Fertigkeiten und Kenntnisse. Nichts zeigt dies besser, als die Geschichte des unter Joachims Regierung bei Beelitz, südwestlich von Berlin angelegten Salzwerkes, bei welchem das erste größere Wasserpumpwerk errichtet wurde, von dem wir aus Berlins Vergangenheit Kenntnis haben.

BeutelpumpeAbb. 1. Beutelpumpe mit Tretrad.

Salzquellen waren in der Mark Brandenburg früher an verschiedenen Orten bekannt und scheinen bei Trebbin und Saarmund schon um 1540 von Gewerkschaften zum Salzsieden benutzt worden zu sein. Die bedeutendste dieser Solen trat bei Beelitz zutage und Joachim beschloss, hier eine Salzsiederei ins Leben zu rufen, die sein Land von der Einfuhr fremden Salzes unabhängiger machen sollte. Nach mehrjährigen fruchtlosen Bemühungen, seinen Wunsch mit heimischen Arbeitskräften durchzuführen, berief der Kurfürst einen Untertan des Pfalzgrafen Friedrich beim Rhein, den Brunnenmeister Leonhard Raimann, nach Beelitz, um dort einen Brunnenschacht und ein Wasserpumpwerk zur Förderung der Salzsole aus dem Schacht anzulegen. Raimann baute zwar das Pumpwerk, stellte aber fest, dass schon in geringer Tiefe viele ›wilde Wasser‹ zuströmten, dass also süßes Grundwasser, dessen Abfangung ihm nicht gelang, die aus größerer Tiefe zu schöpfende Salzsole verunreinigte und so das Salzsieden verteuerte und erschwerte. Von den von Raimann angewandten Maschinen heißt es, es wären zwei Rosskünste in einem Schacht gewesen, während sie an anderer Stelle Beutelpumpen mit Treträdern genannt werden. Von einer derartigen Beutelpumpe – Paternosterwerk – mit Tretrad gibt unsere Abb. 1 eine Darstellung nach einer in dem Manuskript Leonardo da Vinci (1452 – 1519) enthaltenen Abbildung. Lederne, mit Rosshaaren ausgestopfte Bälle, auch Beutel oder Schläuche genannt, sind mit Ketten oder Drähten miteinander verbunden und werden mittels eines Armkreuzes oder Kettenrad in einer senkrechten Holzröhre aufwärts gezogen. Die Antriebskraft wird durch das Körpergewicht von Arbeitern erzeugt, die an den auf dem Radkranz des Tretrades angebrachten Tretleisten ununterbrochene Kletterübungen auszuführen hatten.

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• Auf epilog.de am 20. Oktober 2023 veröffentlicht

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