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Ein neuer Wagentyp für Straßenbahnen

Elektrische Kraftbetrieb und Bahnen • 4.9.1910

Die neuerlichen Bestrebungen, die darauf hinauslaufen, Betriebsmittel von möglichst geringem Gewicht zu verwenden, gaben der ›Städtischen Straßenbahn Dortmund‹ Anlass zum Schaffen eines eigenartigen Anhängewagentyps. Die Tatsache, dass der Rohrquerschnitt in Bezug auf Stabilität bei gleichzeitig geringem Gewicht ein sehr günstiger ist, führte zu der im Bilde dargestellten Wagenbauart.

Straßenbahn DortmundAnhängewagen der städt. Straßenbahn Dortmund mit einem Rohrgerippe.

Auf dem aus vier durchgehenden Profileisen-Längsträgern und entsprechenden Querverbindungen bestehenden Kastenrahmen ist, wie aus der Abbildung ersichtlich, das Rohrgerippe unter Verwendung von Gasrohren und eigens für den Zweck hergestellten Verbindungsstücken aufgebaut. Die einzelnen Felder sind durch nachstellbare Diagonalzüge verbunden, so dass die Gesamtanordnung des Kastenoberbaues als Brückenfachwerkträger wirkt und somit die Tragfähigkeit des Kastenrahmens erheblich gesteigert ist. Als Dachverkleidung hat Segeltuch, welches über die Rohrspriegel straff gespannt und mit Farbanstrich versehen ist, Verwendung gefunden. Die vorhandenen 23 Sitzplätze sind in Querbänken angeordnet, während ein Stehplatz an dem einen Eingang sowie je zehn Stehplätze auf den Plattformen vorgesehen sind. Das Fassungsvermögen des Wagens beträgt somit 44 Personen, eine Anzahl, die anstandslos auf 50 erhöht werden kann. Der Radstand ist mit 2,5 m angenommen. Die Abfederung erfolgt durch Blattfedern, deren Enden auf Evolutfedern ruhen, womit ein ruhiger, sanfter Gang der Wagen erzielt wurde.

Das Gewicht des Wagens beläuft sich komplett einschließlich der Luftdruckbremse auf 3300 kg, was einem Gewicht von 75 bzw. 66 kg pro Fahrgast gleichkommt.

Neben dem relativ geringen Gewicht, welches sich gegebenenfalls durch Verwendung dünnwandiger Stahlrohre noch verringern lässt, hat der Wagentyp den Vorzug, außerordentlich schnell montiert werden zu können. So wurden z. B. in der Werkstatt der Dortmunder Straßenbahn neben den laufenden Unterhaltungsarbeiten neun Stück dieser Wagen innerhalb sechs Wochen von Grund auf montiert und betriebsfertig hergestellt.

Dank des eigenartigen, zum patentamtlichen Schutz angemeldeten Aufbaues dürfte sich diese Wagengattung besonders für den Export eignen, da ein Versandt der einzelnen Teile bequem erfolgen und der Zusammenbau am Bestimmungsort leicht bewirkt werden kann.

• M. Albrecht, Betriebsingenieur.

• Auf epilog.de am 6. Juni 2023 veröffentlicht

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