Bau & ArchitekturTunnel

Der Spreetunnel zwischen
Stralau und Treptow

Die Gartenlaube • 1899

Voraussichtliche Lesezeit rund 6 Minuten.

Nach dreijährigem Kampf mit vielen Hindernissen ist der Tunnel unter der Oberspree im Osten Berlins zwischen Stralau und Treptow glücklich, ohne einen einzigen schweren Unfall, vollendet worden. Die Gründe, welche hier eine Untertunnelung der etwa 200 m breiten Spree ihrer Überbrückung vorziehen ließen, waren wie in London und in den amerikanischen Städten, wo bisher unterirdische Flusskreuzungen ausgeführt sind, hauptsächlich Rücksichten auf die ungestörte Schifffahrt, daneben auch wohl solche auf den unzuverlässigen, zum Tragen größerer Brückenpfeiler gänzlich ungeeigneten Baugrund. Der letzte Umstand musste allerdings auch der Ausführung des Tunnels große Schwierigkeiten machen. Nicht nur das Spreebett, sondern auch der Boden an beiden Ufern des Flusses besteht an der betreffenden Stelle aus sehr lockerem mit Wasser vollgesogenen Schwimmsand. Außerdem kam man an einigen Stellen der Flusssohle bis auf wenige Meter nahe; infolgedessen stürzte der lockere Triebsand bei den Erdarbeiten unter Wasser in großen Mengen nach, so dass das vordere Tunnelende zu mehreren Malen gleichsam ins offene Wasser auslief und die Ersäufung des ganzen Tunnels zu befürchten war. Von der Stelle an, wo das Eindringen von Grundwasser möglich ist, werden die Tunnel als Rohre aus Eisen oder Stahl ausgebildet. Der vordere Teil derselben ist der sogenannte ›Schild‹. Das Rohr ist hier in einige Kammern abgeteilt, die nach hinten durch luftdicht schließende Türen abgegrenzt sind. In diesen Kammern verrichten die Arbeiter das Ausgraben des Erdreichs. Damit sie vom Eindringen des Grundwassers gesichert bleiben, wird in die Kammern komprimierte Luft eingetrieben, die alles Wasser der Umgebung fortdrängt. Das gelockerte Erdreich räumt man durch die dem Schild zunächst liegende Kammer bergmännisch fort. Nachdem dies geschehen ist, wird das Tunnelrohr durch hydraulische Maschinen vorwärts geschoben. Bei der Konstruktion des Schildes für den Spreetunnel musste allerdings von den früher bekannten Systemen wegen der größeren hier vorliegenden Bodenschwierigkeiten, zum Teil auch, weil ein Stück des Tunnels in der Kurve liegt, etwas abgewichen werden, doch führt es zu weit, auf diese beiläufig deutsche Erfindung des verbesserten Bohrschildes im Einzelnen einzugehen.

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• Auf epilog.de am 10. Dezember 2017 veröffentlicht

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