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Der württembergische Trajekt-Dampfer zum Transport beladener Eisenbahn-Waggons über den Bodensee

Das Buch für Alle • 1878

Das Getreide bildet einen der hauptsächlichsten Ausfuhrartikel der deutschen Häfen am schönen Bodensee und den namhaftesten Teil des Warentransports für die an diesen mündenden Eisenbahnen. Die Schweiz holt einen wesentlichen Teil ihres Bedarfs an Brotfrüchten auf den stark befahrenen Märkten in Oberschwaben und dem Südwesten Bayerns. Unter diesen Umständen wurde es in Ermangelung einer einheitlichen und kontinuierlichen Bodensee-Gürtelbahn, welche vorerst noch immer Projekt bleibt, als ein großer Mangel empfunden, dass das zur Eisenbahn nach einem der deutschen Bodensee-Häfen gelangte Getreide daselbst erst auf das Dampfboot und nach der Ankunft desselben in den schweizerischen Häfen wieder in den Eisenbahn-Waggon verladen werden musste, was natürlich nur große Opfer an Zeit, Mühe und Kosten verursachte, den Preis des Getreides selbst verteuerte und daher den Export schädigte.

Man sann daher auf Abhilfe und zur Beseitigung dieser Übelstände ward vorgeschlagen, bis zur Herstellung der angestrebten Bodensee-Gürtelbahn ein sogenanntes Trajektschiff zu verwenden, das heißt, eine Art großer Dampffähre, auf deren Verdeck man eine Anzahl belasteter Eisenbahn-Güterwagen auf zwei Geleisen aufstellen und ohne Umladen ihres Inhaltes über den See bringen könne. Der beifällig aufgenommene Vorschlag eines Verfahrens, das in den Vereinigten Staaten und anderen Ländern längst gang und gäbe ist, ward vor etwa zehn Jahren verwirklicht und seit dem Sommer 1868 befährt ein solcher Trajekt-Dampfer den Bodensee zwischen Friedrichshafen und Romanshorn, dem sich seither noch ein zweiter, und zwar bayrischer, angeschlossen hat, welcher den Verkehr zwischen Lindau und Rorschach vermittelt. Unser Bild gibt eine Ansicht von dem württembergischen Trajekt-Dampfer, der vierzehn voll beladene Güterwagen von je 200 – 240 Zentnern Tragkraft zu gleicher Zeit auf den beiden Gleisen seines Verdecks aufnehmen kann. Eine Dampfmaschine von 300 PS dient zur Fortbewegung dieses Schiffes, welches im Vergleich mit den übrigen Dampfern des Bodensees wahrhaft riesige Verhältnisse hat und in der Escherschen Maschinenfabrik in Zürich erbaut ist, aber natürlich den Personen-Verkehr auf dem Bodensee den übrigen Dampfschiffen überlässt.

• Auf epilog.de am 1. Juni 2025 veröffentlicht

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