Handel & Industrie – Druck & Papier
Über Stereotypendruck
Polytechnisches Institut Wien • 1823
Der Wunsch, gewisse Werke, deren Absatz sicher genug ist, wiederholt abzudrucken, ohne erst jedes Mal den Satz erneuern zu müssen, war die Veranlassung zur Erfindung des Stereotypendruckes. Der genannte Zweck wird dadurch, dass man den Satz eines Buches stehenlässt, um ihn bei gelegener Zeit wieder zu benützen, nur unvollkommen erreicht; denn die unermessliche Quantität von Lettern, die dazu erforderlich sein würde, das große Gewicht derselben, und die Möglichkeit des Auseinanderfallens der Formen, sind wichtige Hindernisse. Man nahm daher, besonders um das Einschleichen von neuen Druckfehlern zu verhindern, seine Zuflucht zu der Vereinigung der Lettern durch den Guss; und dieses war der erste Übergang zu dem eigentlichen Stereotypendruck, wobei freilich die großen Kosten des stehenden Satzes nicht erspart werden konnten. Späterhin kam man auf den Gedanken, sich der gewöhnlichen Lettern bloß zum anfänglichen Satz zu bedienen, mittelst dessen man in der Folge aus einer eigentümlichen Metallmischung zum Abdruck geeignete Platten verfertigte. Das Wesen des Stereotypendruckes besteht demnach in der Anwendung fester Platten statt der sonst gewöhnlichen, aus beweglichen Lettern zusammengesetzten, Formen. Es leuchtet wohl jedem von selbst ein, dass zwischen dem Stereotypen verdrucke und dem Druck der Chinesen mittelst hölzerner Tafeln einige Ähnlichkeit herrscht, ohne dass man übrigens deswegen die Chinesen für die Erfinder des Stereotypendruckes halten darf. Eben so wenig ist es erlaubt, die Einführung des Stereotypendruckes als eine Rückkehr zu der alten Methode jenes asiatischen Volkes zu schreien; denn zwischen dem Schneiden einer hölzernen Tafel und der Verfertigung einer Stereotypenform findet ein höchst wesentlicher Unterschied statt. Wirft man dieser letzteren vor, dass ihr Material nicht wieder zu neuen Formen verwendet werden könne, so gilt dieses nur halb; denn das Metall, woraus sie besteht, wird nötigen Falles ohne Anstand wieder verbraucht, was bei einer geschnittenen Holztafel nie möglich ist. Man muss vielmehr die Stereotypie als eine wahre Verbesserung der Typographie ansehen; weil sie nicht nur alles das leistet, was man von der gewöhnlichen Buchdruckerei zu fordern im Stande ist, sondern außerdem sogar bedeutende Vorteile gewährt, die sich durch das gemeine Verfahren gar nie erreichen lassen. Von diesen Vorteilen erwähne ich nur a) den Umstand, dass sich in die einmal mit Sorgfalt korrigierte Form ganz und gar keine Fehler mehr einschleichen können, und dass man demnach der Gleichheit aller Abdrücke versichert ist; b) die Möglichkeit, mit einem einzigen Satz viele zum Abdruck taugliche Platten herzustellen, wodurch man in den Stand kommt, mehrere Pressen zu beschäftigen; endlich c) den Vorteil, dass man die Druckplatten leicht immerfort aufheben kann, weil weder das Material derselben, noch ihre Verfertigungsart so große Kosten erfordert, als dieses bei einem gewöhnlichen stehenden Satze der Fall ist.
Indessen kann man nicht leugnen, dass es bei allen jenen Büchern, bei welchen neue unveränderte Auflagen nicht so bald zu erwarten sind, vorteilhafter sei, gleich mit dem ersten Satze, d. h. mit den gewöhnlichen Lettern, zu drucken; und dass dem zufolge der Stereotypendruck kaum jemals allgemein werden dürfte.
Frankreich ist das Land, welches den Stereotypendruck am meisten gepflegt hat. Dort sind drei verschiedene Methoden dieser Kunst, jede auf fünfzehn Jahre, patentiert worden, nämlich die des F. J. Hoffmann zu Schleitzstadt im Elsass (16. Februar 1792), die des Ludwig Stephan Herhan in Paris (23. Dezember 1797), und des Firmin Didot (26. Dezember 1797). Der II. und IV. Band von der Description des Brevets, dont la durée est expirée (Paris, 1818 u. 1820) enthalten ausführliche Beschreibungen dieser Verfahrungsarten, die ich um so lieber in einer freien Bearbeitung hier mitteile, da das genannte Werk gewiss nur von Wenigen benutzt werden kann.
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