Handel & IndustrieFabrikation

Über die Verfertigung der Nägel durch Maschinen

Polytechnisches Institut Wien • 1822

Die Idee, Nägel durch Maschinen verfertigen zu lassen, ist nicht neu. Schon im Jahr 1795 hatte ein gewisser Jakob Perkins in den nordamerikanischen vereinigten Staaten ein Patent über diesen Gegenstand erhalten; desgleichen ein anderer Amerikaner, Joseph Read, im Jahr 1811. Die Maschine des letzteren sollte zugleich die Köpfe der Nägel bilden. Seit dem Jahre 1809 existieren um Birmingham in England viele Fabriken, in denen alle Gattungen Nägel kalt (d. h. ohne Beihilfe von Hitze) verfertigt werden. Vor ungefähr elf Jahren versuchte ein gewisser White, in Frankreich, Nägel auf diese Art zu erzeugen; aber die Maschine, die er dazu bestimmt hatte, war mehr sinnreich als dauerhaft konstruiert, und konnte daher die bei einem längeren Gebrauche unvermeidliche Anstrengung nicht ertragen. Die Fabrikation wurde aus dieser Ursache aufgegeben, und nie wieder angefangen.

Gegenwärtig verfertigt der Franzose Lemire zu Clairveaur-les-Vaux-d’Ain im Jura-Departement schon vierzig verschiedene Sorten von Nägeln mit Maschinen und ohne Anwendung von Hitze*). *) Im österreichischen Kaiserstaat erhielten Frans Schafzahn unter dem 2. Mai 1815, und die Gebrüder Leppich unter dem 11.  Juli 1818 ausschließende Privilegien auf die Verfertigung von Nägeln mittelst Maschinen, beide für eine Dauer von sechs Jahren. Schafzahl verfertigte seine Nägel aus eisernen Schienen, die auf beiden Seiten in der Mitte zwei parallele, nach der Länge gehende, erhabene Leisten besitzen, und von diesen weg, gegen die Kanten zu, dünner werden. Durch eine eigene Maschine wurden diese Schienen der Quere nach in lauter schmale Streifen zerschnitten, deren jeder schon beiläufig die Form zweier an den Köpfen verbundenen Nägel zeigte. Diese durften nun nur mehr getrennt und ihre Köpfe völlig ausgebildet werden, um sie ganz fertig zu erhalten. Proben von diesen Nägeln, welche das National-Fabriksprodukten-Kabinett am k. k. polytechnischen Institut besitzt, zeigen mehrere wichtige Fehler, die sich nach der beschriebenen Verfertigungsart leicht erwarten lassen. Da man nämlich ein sehr geschmeidiges Eisen anzuwenden gezwungen ist, wenn anders die Maschine nicht zu viel Widerstand leiden soll, so sind die Nägel ohne Ausnahme sehr weich, dergestalt, dass sie beim Einschlagen in Holz sich leicht krümmen. Man bemerkt ferner, dass die Spitzen stumpf, und die Seitenflächen untereinander parallel sind. Dieser letztere Umstand hat seinen Grund in der Unmöglichkeit, die Eisenschienen ganz gerade durchzuschneiden; die Spitzen hat man zwar in der Folge schärfer gemacht, allein sie sind doch viel zu kolbig, indem die Nägel erst in einer kleinen Entfernung vom Ende verjüngt zuzulaufen anfangen. Das Verfahren, welches in seiner Fabrik befolgt wird, ist kurz Folgendes.

Die Eisenstangen werden, mittelst Walzen, in Bleche von 15 – 18 cm Breite und 100 cm Länge verwandelt. Die Dicke dieser Platten entspricht der Dicke der zu verfertigenden Nägel, und die Fasern des Metalles laufen in der Richtung der Länge, ein Umstand, der bemerkt werden den muss, weil nur dadurch möglich wird, dass nicht in der Folge die Nägel nach der Quere der Fasern geschnitten werden.

Durch Scheren, mittels Wasserkraft bewegt, werden die Bleche, perpendikulär auf ihre Längen-Direktion, in Streifen zerschnitten, welche etwas länger sind, als die zu erzeugenden Nägel ausfallen sollen. Aus diesen Streifen werden, mittels einer zweiten Schere, die (noch kopflosen) Nägel in Gestalt sehr langer Keile geschnitten; der hierbei angestellte Arbeiter bietet zu dem Zweck die Blechstreifen der Schere wechselweise von der rechten und linken Seite dar, und zwar unter einem Winkel, der immer derselbe bleibt, so, dass demnach der dickere Teil der Nägel, woraus später der Kopf gebildet werden soll, abwechselnd von der linken und rechten Seite genommen wird.

Eine jede, von einem Arbeiter bediente, Schere liefert ungefähr 3500 Nägel in der Stunde, und diese Zahl könnte noch größer sein (bis 4800), wenn nicht das Aufnehmen neuer Blechstreifen so viel Zeit wegnähme.

Die durch das beschriebene Verfahren erhaltenen Nägel werden in einem Ofen ausgeglüht, um sie vollkommen weichzumachen, worauf man sie mit den Köpfen versieht. Diese letzte Operation wird auf verschiedene Arten verrichtet: die Nägel werden nämlich einzeln in Schraubstöcke eingeklemmt, und die Köpfe werden entweder aus freier Hand mit dem Hammer, oder mittelst eines von oben darauf fallenden Stempels gebildet. Sowohl das Öffnen und Schließen der Schraubstöcke, als das Heben der Stempel wird durch eine Maschinerie, deren Hauptteil ein horizontal angebrachtes Rad ist, bewirkt.

Um die fertigen Nägel von dem auf ihrer Oberfläche befindlichen Oxid zu befreien, werden sie mit Sägespänen von Tannenholz gemengt in Fässer gegeben, die durch ein Wasserrad um ihre Achse gedreht werden. Diese Operation beseitigt auch zum Teil die Rauigkeit der Kanten, die beim Zerschneiden der Bleche entstanden ist. In diesem Zustand werden die Nägel verpackt, und zum Handel gebracht.

Die Fabrik des Lemire, die bereits acht Jahre besteht, liefert jährlich 200 Tonnen Nägel jeder Art, die, nach mehrseitigen Versicherungen, von guter Qualität sein sollen.

• Auf epilog.de am 8. Februar 2025 veröffentlicht

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