Handel & IndustrieFabrikation

Über die Fabrikation der Watte

Polytechnisches Journal • 1834

Voraussichtliche Lesezeit rund 9 Minuten.

Mit dem Namen Watte (ouate) belegte man ursprünglich das Produkt einer in Syrien, Ägypten und Kleinasien einheimischen Pflanze, welche unter dem Namen der Seidenpflanze, des Hundskrautes, des Beidelsars oder des syrischen Hundskohles (Asclepias syriaca L.) allgemein bekannt ist. Die Samenkapseln dieser Pflanze enthalten nämlich eine äußerst feine, seidenartige, blendend weiße, glänzende Flocke, welche man zum Polstern weicher Kissen und Sofas, zum Wattieren der Kleider und zu dergleichen ähnlichen Zwecken verwendete.

Als sich die Anwendung der Baumwolle immer mehr und mehr in Europa verbreitete, suchte man die natürliche Watte der Seidenpflanze durch ein Baumwollefabrikat zu ersetzen. Der neue Industriezweig, der hierdurch erstand, lieferte zwar im Anfang, wie gewöhnlich, nur sehr rohe Produkte; dieselben wurden jedoch heutzutage bis auf einen Grad vervollkommnet, der nur wenig mehr zu wünschen übrig lässt. Die Beschreibungen, die wir von dieser Fabrikation besitzen, sind nur sehr unvollständig, so dass wir unseren Lesern durch eine genaue Darstellung des bei ihr befolgten Verfahrens keinen unangenehmen Dienst zu erweisen glauben.

Die Längenangaben und andere Maße des Originaltextes wurden in das metrische System umgerechnet.

Die Fabrikation der Watte datiert sich von einer Zeit her, zu welcher es noch keine Kardätschmaschinen gab, und wo daher die Baumwolle nur mit der Hand gekämmt werden konnte. Man bediente sich zu diesem Behufe in früheren Zeiten zwei verschiedener Arten von Karden [Fruchtstände der Weberdistel], mit welchen man die ausgeputzte und geöffnete Baumwolle behandelte. Die erstere Art dieser Karden war von mittlerer Feinheit; die letztere hingegen war sehr fein. Die auf diese Weise gekämmte Baumwolle wurde auf Weidengeflechte gebreitet, deren einzelne Ruten abgeschält und sehr glatt waren, und beiläufig rd. 6 mm im Durchmesser hatten. Auf diesen Geflechten bildete der Arbeiter dann mittelst eines Fachbogens aus der Baumwolle je nach Umständen mehr oder weniger dicke Vliese, wobei die Kunst des Arbeiters hauptsächlich darin bestand, dass er der Watte überall gleiche Dicke zu geben wusste. Diese Operation hatte das Nachteilige, dass die Fasern der Baumwolle dabei zerbrochen wurden, und dass viel Substanz dabei verloren ging. Alle übrigen Operationen bis auf das Leimen geschah früher auf dieselbe Weise, auf welche sie noch heut zu Tage vollbracht werden. Das neue Verfahren ist nun folgendes.

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• Auf epilog.de am 9. August 2024 veröffentlicht

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