Verkehr – Eisenbahn
Sicherheits-Prellbock mit Wasserbremse
von Langley
Zentralblatt der Bauverwaltung • 22.3.1890
Es erfordert einen nicht unbeträchtlichen Grad von Geschicklichkeit und Sicherheit, einen Zug so in eine Kopfstation einzuführen, dass derselbe ohne Fahrtunterbrechung nahe vor dem Endabschluss eines Kopfgleises zum Stillstand kommt. Den Beweis hierfür liefern die infolge Überfahrens dieser Abschlüsse wiederholt vorgekommenen Unfälle und Betriebsstörungen. Die Abschlüsse unverrückbar fest und starr zu gestalten, wie dies in England bis in die neuere Zeit üblich und durch die dortigen hohen Bahnsteige begründet war, hat ebenso wohl Bedenken, wie dieselben in leichter Bauart herzustellen, wie man dies wohl bei niedrigen Bahnsteigen findet.
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Im ersten Fall erscheint der Zug mit seinen Insassen, im anderen Fall die Bahnanlage und das auf derselben verkehrende Publikum besonders gefährdet. In England besteht die allgemeine Vorschrift – wenigstens für alle beim Abrechnungshof beteiligten Verwaltungen –, dass die Fahrgeschwindigkeit der Züge bei der Einfahrt in die Kopfbahnhöfe so geregelt werden soll, dass es möglich ist, dieselben durch alleinige Anwendung der Handbremsen zum Stehen zu bringen. In Deutschland hat man in einzelnen Fällen die besondere Weisung erlassen, dass die Züge nicht zu nahe an das Ende der Kopfgleise herangefahren werden dürfen. Derartige Vorschriften tragen zur Vermehrung der Betriebssicherheit nur mittelbar bei; im weiteren lässt sich jedoch auch eine Vergrößerung der Sicherheit in unmittelbarer Beziehung dadurch herbeiführen, dass die lebendige Kraft des Zuges allmählich so abgeschwächt wird, dass nachteilige Folgen nicht mehr zu besorgen sind.
Von dem Gedanken ausgehend, dass Federkraft für derartige Zwecke ungeeignet sei, weil jeder Rückstoß vermieden werden müsse, hat Alfred A. Langley in Derby eine Einrichtung angegeben, bei welcher durch die Stoßkraft des anfahrenden Zuges eine eingeschlossene Wassersäule durch einen Ausflussquerschnitt von mäßiger Größe allmählich zum Entweichen gebracht wird. Mit der Vorrichtung ist ein starrer Pufferkörper verbunden, welcher sowohl zur Begrenzung des Hubes als auch dazu dient, bei besonders starken Stößen deren Kraft vollends zu erschöpfen. Langley nennt seine Erfindung ›hydraulie buffer stop‹. Die Einzelheiten der Einrichtung sind in den Abbildungen dargestellt.

Durch den anfahrenden Zug werden zwei stählerne Kolbenstangen A A (Abb. 1) zurückgetrieben und hierdurch das in dem Raum B₁ jedes Zylinders B (Abb. 2 oben) befindliche Wasser in den Raum B₂ gedrückt. Zum Ende hat zunächst jeder Kolben an seinem Umfange so viel freies Spiel, dass ein Durchflussquerschnitt von 2,45 cm² freigelassen wird. Außerdem sind die Kolben mit zwei gegenüberliegenden rechtwinkligen Ausschnitten versehen, in welche zwei schmiedeeiserne Schienen C C eingreifen, deren Höhe so zunimmt dass die verbleibende lichte Fläche der Ausschnitte von dem Betrag von 30 cm² – in der Anfangsstellung – sich allmählich auf null verringert. Die Veränderlichkeit der Durchflussfläche ist mit Rücksicht auf die abnehmende Geschwindigkeit des Kolbens so festgestellt, dass der geleistete Widerstand unverändert bleibt. Auf Grund genauer Versuche sind hiernach die Schienen C C so abgeschrägt worden, dass die Durchflussquerschnitte bei den Kolbenstellungen G, F, E, D (s. Abb. 2) bzw. 32,45, 20,80, 9,16 und 5,16 cm² betragen.
Um die Kolben nach jedem Rückgange wieder in die Anfangsstellung zurückzuführen, sind nach Art der Abb. 1 Gegengewichte I nach der Gleisseite in leicht zugänglichen Schächten angeordnet. Dieselben werden gebildet aus übereinandergelegten gusseisernen Scheiben, welche durch Filzeinlagen getrennt sind. Diese Einlagen sowie ferner eine zwischen der unteren Fläche jedes Gegengewichtes und dem Kopf des durchgeführten Bolzens angebrachte Gummipackung haben den Zweck, die Beanspruchung der Kette m beim ersten Anstoß des Zuges etwas zu mildern. Die Kolbenstange läuft am Angriffspunkt K der Kette auf einem Rollenpaar, welches die senkrechte Seitenkraft der Kettenspannung auf den Unterbau des Prellbockes überträgt.
Abb. 2. Damit die Stöße der Kolben auf die Zylinderdeckel möglichst abgeschwächt werden, sind zu beiden Seiten der Kolben Gummiringe um die Kolbenstangen gelegt. Die vorderen Enden der letzteren wurden anfänglich durch eine Pufferbohle verbunden; die Erfahrung hat indes gezeigt, dass sie besser unabhängig voneinander angeordnet werden, wie dies jetzt allgemein durchgeführt wird. Zur Ableitung des Tropfwassers sowie zum Nachfüllen der Zylinder sind besondere Rohrleitungen vorgesehen.
Über die Leistungen der beschriebenen Prellböcke sind eingehende Versuche angestellt worden. Dabei hat sich herausgestellt, dass eine Hubhöhe von 120 cm für gewöhnliche Verhältnisse vollständig ausreicht. Mit dieser Hubhöhe ist es möglich, Eisenbahnzüge mit 13 km/h Geschwindigkeit zum Stehen zu bringen. Für Zwecke des Verschiebdienstes ist nach Langley eine Hubhöhe von 60 cm angemessen. Der Erfinder gibt an, dass nach den angestellten Versuchen der Widerstand des Wassers in geradem Verhältnis mit dem Quadrat der Geschwindigkeit des auffahrenden Zuges zu wachsen scheine. Da die Stoßkraft ebenfalls im quadratischen Verhältnis der Geschwindigkeit zu- und abnimmt, so würde hiernach der Kolbenweg von der Geschwindigkeit unabhängig sein, wie dies die angestellten Versuche im Allgemeinen auch bestätigt haben.
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Die erste Anwendung der beschriebenen Prellböcke wurde in den Liverpool- und Fenchurch-Straßenbahnhöfen der englischen Ostbahn in London gemacht. Der Kolbenweg hat hier das angeführte Maß von 120 cm. In dem letztgenannten Bahnhof wurde über den Prellböcken ein Erfrischungsraum angeordnet, ohne dass sich nachteilige Erschütterungen in demselben bemerkbar gemacht hätten.
In der Exchange-Straßen-Station der Nordwestbahn in Manchester findet man Prellböcke mit 60 cm Hub. Neuerlich sind u. a. in der Exchange-Station der Lancashire- und Yorkshire-Bahn in Liverpool Sicherheits-Prellböcke der größeren Art aufgestellt worden.
Von der Langleyschen Anordnung im Grundgedanken nicht abweichende Prellböcke sind neuerdings auch von anderer Seite eingeführt worden. So stellt die Nordwestbahn in ihren Lokomotivwerken in Crewe Vorrichtungen her, welche sich von der Langleyschen nur dadurch unterscheiden, dass die bremsende Wasserfüllung durch die Stoßkraft des Zuges in einen besonderen Behälter getrieben wird. Dem Wasser ist eine Seifenlösung zugesetzt.
• Kemmann.