Handel & Industrie – Lebensmittelproduktion
Die Schiffsmühlen auf der Donau
Das Buch für Alle • 1878
Auf allen größeren Strömen und Flüssen der gemäßigten Zone wird die Strömung als bewegende Kraft zum Betrieb von Schiffsmühlen benutzt, da die Wasserkraft mitten im Strombett frei und nicht an den Besitz einer gewissen Uferstrecke gebunden ist. Jedenfalls die eigenartigsten solcher Schiffsmühlen befinden sich auf der Donau, wo man sie hauptsächlich unterhalb Wien trifft, und die meist von Ungarn oder Slawen betrieben werden. Eine derartige malerische Schiffsmühle führen wir unseren Lesern in unserem Bild vor.
Die Mühle besteht aus einem größeren und einem kleineren fährenartigen Flachboot, zwischen welchen auf starkem Wellbaum das breite Wasserrad geht und das auf dem größeren Flachboot befindliche Mühlwerk in Bewegung setzt, über dem sich ein Bretterhaus mit Strohdach erhebt. Der Müller mit seinen Knappen und seiner Familie wohnt in diesem Haus auf dem Flachboot und betreibt hier sein etwas prekäres Gewerbe, denn der Wechsel der Kundschaft und des Wasserstandes nötigen ihn, von Zeit zu Zeit den Standort seiner Mühle zu ändern und an einem dankbareren Punkt die schwerfällige Mühle zu verankern. Die mechanische Einrichtung dieser Mühlen ist eine höchst primitive und das Eisen daran so viel als möglich gespart; der Betrieb ist mühsam, denn die Mühlknappen holen den Kukuruz (Mais), Weizen und Roggen der Kunden selbst im Kahn aus den umliegenden Ortschaften und liefern ihn in ähnlicher Weise wieder ab, Schiffsmüller können daher mit den großen Kunstmühlen der Städte nicht konkurrieren und bringen sich und ihre Familie meist nur mit Mühe durch. Unstreitig bilden aber diese breiten, plumpen Schiffsmühlen mit den großen Wasserrädern, ihrem braunen Holzwerk und den bemoosten Strohdächern eine höchst malerische Staffage für die weilen Strecken des breiten, von flachen Ufern besäumten Donaustroms in Ungarn.