VerkehrSchifffahrt

Pumpenbagger für Bremerhaven

Deutsche Bauzeitung • 12.7.1879

Voraussichtliche Lesezeit rund 4 Minuten.

Die Einfahrt und der Hafen von Bremerhaven sind bekanntlich einer beständigen und bedeutenden Schlick-Ablagerung ausgesetzt. Zur zweckmäßigsten Beseitigung dieser Ablagerung sind von dem Baurat Hankes zu Bremerhaven eingehende Versuche angestellt worden, auf Grund deren festgestellt ward, dass kräftige Pumpenbagger einen höheren Wirkungsgrad als Schaufelbagger ergeben müssten und dadurch der Arbeitsumfang, der sich jährlich auf mindestens 200 000 m³ beziffert, auch für einen erheblich billigeren Preis als bisher zu leisten sein würde.

Der Schlick hat, je nach der Zeitdauer seiner Lagerungsruhe, eine sehr verschiedene Konsistenz, welche von gefärbtem Schlickwasser bis zur festen, schwer bröckligen Masse variiert. In 18 Monaten erreicht der Schlick in Bremerhaven eine Dichtigkeit, bei welcher 1 m³ 1450 kg wiegt.

Die Bedingungen der Konstruktion eines auf dem Pumpsystem basierten Baggers waren des wechselvollen Arbeitswiderstandes wegen, ganz abgesehen von hindernden Zufälligkeiten, als Antreffen von Eisenstücken, Steinen, Holzklötzen, Haderlappen etc. sehr schwierige; zudem sollte eine Leistung von 300 m³ Baggerschlick pro Stunde stattfinden, damit die zu 1000 m³ pro Tag veranschlagte Schlickmasse mit möglichst geringem Zeitaufwand gefördert werden konnte. Für die Berechnung des Pumpenbaggers nun wurde eine Schlick-Dichtigkeit von 1250 kg, ein Wirkungsgrad von 70 %, eine Mehrleistung von 30 % und die Bagger-Tiefe zu 9 m angenommen.

Das Baggerschiff, ganz aus Eisen erbaut, erhielt eine Länge von 21 m, eine Breite von 7 m und einen Tiefgang von 1,5 m. Außer der maschinellen Einrichtung enthält das Schiff eine Kapitänskajüte, eine solche für Mannschaften, eine Küche etc. und Raum für 10 t Kohlen. In der Längsachse des Schiffs ist ein Schlitz zur Aufnahme und freien Bewegung des Saugrüssels angeordnet, mittels welches die Pumpen den Schlick aufsaugen und durch zwei auf Deck angebrachte Rinnen in die zu beiden Seiten des Schiffs liegenden Prahme befördern.

Die Dampfmaschine ist eine Woolfsche, deren Zylinder beim Raumverhältnis von 1 : 4 520 mm bzw. 260 mm Durchmesser haben. Der Füllungsgrad ist 0,2, der Hub 620 mm, die Tourenzahl 48; die Kurbeln stehen um 90° versetzt. Die Lager der Schwungscheibenwelle sind, mit den Zylindern verbunden, auf einer Grundplatte angeordnet; die Luftpumpe liegt im Lagerbock unter den Zylindern und wird durch Gegenkurbel betrieben. Auf der Schwungscheibenwelle befinden sich die Getriebe für die Förder-Pumpen, die Leck- und Speisepumpen. Der Kessel ist 7,75 m lang, bei 1,6 m Durchmesser, hat zwei Flammrohre von 550 mm Durchmesser, eine Rostfläche von 1,6 m² bei einer Heizfläche von 27,5 m² und ist zu 4 Atm. Überdruck bestimmt. Der Schornstein ist 7 m hoch bei 47 cm lichter Weite; neben dem Handbetrieb ist zum Speisen eine Dampfpumpe angeordnet.

Die Förderpumpen sind zu beiden Seiten des Schlitzes vertikal auf der Grundplatte und an den Schlitzwänden fest verschraubt aufgestellt. Dieselben sind Plunger-Pumpen von 55 cm Durchmesser mit 70 cm Hub. Die Tourenzahl ist 24, die Kolbengeschwindigkeit 56 cm. Die Triebwelle liegt unter den Pumpen und wird durch Zahnräder getrieben, auf derselben ist ein Ausrücker angeordnet. Über den Pumpen sitzen die Ventilkästen, welche mit den Schlickrinnen über Deck und mit dem Saugrüssel kommunizieren. Die Schlickrinnen sind mit Schützen versehen und haben an der Bordkante eine Scharnierbewegung. Die Kommunikation mit dem Saugrüssel wird durch ein T-Rohr hergestellt, welches mittels Stopfbuchsen in den Ventilkasten abgeliedert ist. Das Saugrohr ist derart in der Horizontalachse der Ventilkasten beweglich, dass es eine Baggerung bis zu 9 m Tiefe gestattet; dasselbe hat einen lichten Durchmesser von 46 cm. Die Schlick-Geschwindigkeit in demselben beträgt 1,3 m. Am unteren Ende ist das Saugrohr mit einer maulartig erweiterten Öffnung, mit Schleif-Eisen und Gitterstäben armiert, versehen. Die Hebung und Senkung des Saugrohrs erfolgt durch einen besonderen Kran, welcher von der Maschine bedient wird.

Die Bewegung der Spillköpfe, sowie die Vorwärtsbewegung des Baggerschiffs geschieht gleicherweise durch die Maschine und es sind die dazu erforderlichen Transmissionen zweckentsprechend angeordnet. Der Bagger hat seit dem Jahr 1877 ununterbrochen gearbeitet und eine Leistung von 450 m³ pro Stunde bei der für die Pumpen günstigsten Schlickdichtigkeit von 1250 kg gezeigt.

Die Störungen, welche durch Eintreten von Steinen, Eisenklumpen, Holzklötzen etc. (die in Häfen ja unvermeidlich sind) in die Pumpen und Ventilkasten sehr gefürchtet wurden, sind von keinem Belang gewesen. Die Hafen-Verwaltung bewahrt Eisenklumpen und Stangen auf, von denen es rätselhaft ist, wie solche die Ventilöffnungen passieren konnten. Der geförderte Schlick ist ein sehr gutes Düngemittel, und wurde als solches mittels einer am Hafenende angeordneten stehenden Pumpenlage aus den Prahmen entnommen und durch weite Röhren auf 200 – 300 m Entfernung auf die angrenzenden Felder geleitet.

Die Kosten der Förderung, welche nur ein Drittel derjenigen eines Schaufelbaggers betragen, sind durch diese Anordnung ganz beträchtlich herabgemindert und werden im Laufe der Zeit durch die Melioration der Felder zu Wiesen noch einen segensreichen Ertrag durch deren Ausnützung liefern.

Der Bagger kostete inkl. der Reserveteile 95 000 Mark [rd. 1,25 Mill. € in 2023]. Zur Bedienung werden ein Kapitän, ein Maschinist und drei Mann gehalten.

• A. Henning.

• Auf epilog.de am 13. November 2024 veröffentlicht

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