VerkehrFernmeldewesen

Der optische Telegraf
zwischen Berlin und Koblenz

Archiv für Post und Telegraphie • April 1888

Voraussichtliche Lesezeit rund 22 Minuten.

Abgesehen von der mit Hilfe einfacher Fackeln bewirkten Nachrichten-Übermittlung der alten Griechen, Perser und Römer, hatte zuerst der Engländer Robert Hook im Jahr 1684 verständliche Vorschläge zur Herstellung von Fernschreib-Maschinen gemacht. Dieselben sollten derart hergerichtet werden, dass drei lange, oben mit Querbalken versehene Stangen lotrecht aufgestellt wurden. Die eine Ecke dieses Gerüstes sollte mit einem dunklen Schirm versehen werden, um die Schriftzeichen beim Nichtgebrauch dahinter zu verbergen. Am Tag wären 24 aus gespaltenem Holz gefertigte Schriftzeichen, für die Nacht Fackeln zu verwenden gewesen; für einige ganze, gebräuchliche Sätze schlug Hook eine Zusammensetzung von Halbkreisen vor. Die mit Schnüren zu verknüpfenden Schriftzeichen sollten beim Gebrauch mit großer Geschwindigkeit aus ihrem Versteck hervorgezogen werden. Wenn solche Vorkehrungen in Entfernungen, in denen man die Schriftzeichen durch Teleskope deutlich wahrnehmen kann, auf Anhöhen zwischen Paris und London angebracht würden, so hätte man, wie Hook meinte, einen Buchstaben, welcher in London aufgehängt worden wäre, eine Minute nachher in Paris sehen können, wenn er ohne Zeitverlust von einer Station zur anderen fortgepflanzt wurde. Zur praktischen Ausführung ist diese Idee nicht gekommen.

Die Reihe der wirklich zur Verwendung gelangten Fernschreib-Maschinen eröffnete der von dem Ingenieur Chappe in Paris angegebene, im März 1791 im Detachement der Sarthe von ihm versuchte Telegraf. Derselbe bestand aus einem aus dem Dach des Stations­hauses hervorragenden Mastbaum, welcher am oberen Ende einen um seine Mitte drehbaren Arm trug. An jedem Ende dieses Armes war je ein drehbarer Flügel angebracht. Der Arm wurde Regulator, die Flügel wurden Indikatoren genannt. Mit Hilfe einer vom Stations­zimmer ausgehenden Rollen- und Schnur­vorrich­tung konnten Regulator und Indikatoren in jede beliebige Stellung gebracht werden. Chappe benutzte indes, um Unsicherheiten in der Zeichengebung zu vermeiden, nur vier verschiedene Stellungen des Regulators, nämlich eine horizontale, eine vertikale, eine 45° nach rechts und eine 45° nach links geneigte Lage desselben. Von den Stellungen der Indikatoren wurden gleichfalls nur die um 45° von einander abweichenden Stellungen, sowie diejenige benutzt, bei welcher die Flügel auf dem Arm aufliegen. Es konnten auf diese Weise 196 Zeichen dargestellt werden, von denen aber nur 92 benutzt wurden. Jedes Zeichen bedeutete eine Zahl, und je zwei Zeichen wiesen auf Seite und Zeile in einem Lexikon hin, welches die zu übermittelnden Worte usw. enthielt. Die Farbe, mit welcher Arm und Flügel gestrichen wurden, richtete sich nach dem Hintergrund, wie er sich dem Beobachter darstellte. Im Dachgeschoss des Stationsgebäudes befand sich der Raum für den mit dem Fernrohr beobachtenden Beamten und darunter das Zimmer für diejenigen Personen, welche die Maschine hand­habten und schreiben ließen. Es wurden gute achromatische Fernrohre verwendet, welche ein großes Feld beherrschten und 50 – 60 Mal vergrößerten. Die Stationen waren 10 – 15 km voneinander entfernt.

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Neuerscheinung

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurden die ersten optischen Telegrafenlinien eingerichtet, auf denen Nachrichten dann mehrere Hundert Kilometer innerhalb weniger Minuten zurücklegten. Ausgehend von Paris erbaute Claude Chappe ein Netz aus Signaltürmen, dass bis nach Mainz reichte. Auch in England, Schweden, Dänemark sowie Russland entstanden ausgedehnte Telegrafenanlagen und in Deutschland eine Verbindung zwischen Berlin und Koblenz.
  PDF-Leseprobe € 14,90 | 110 Seiten | ISBN: 978-3-7693-5322-8

• Auf epilog.de am 6. April 2025 veröffentlicht

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