Bau & ArchitekturTunnel

Neue Verkehrspläne und Einrichtungen
in New York

Das Neue Universum • 1920

Voraussichtliche Lesezeit rund 5 Minuten.

So wertvoll für große Städte die Lage am schiffbaren Wasser ist, so bringt sie doch auch Nachteile mit sich, sobald das Weichbild der Stadt sich jenseits der Wasserstraßen stark ausdehnt und bevölkert. Das alte New York bildet nur noch einen kleinen Teil der Riesenstadt. Von den bedeutenden Nebenteilen wie Brooklyn, Jersey City trennten die Altstadt der East River und der Hudson. Besonders der Hudson, der eine so große Tiefe hat, dass die größten Schiffe ihn befahren können, ist ein Verkehrshindernis, denn eine Fundamentierung von Brückenpfeilern ist sehr schwierig oder gar unmöglich. Zweistöckiger TunnelAbb. 1. Zweistöckiger Tunnel mit einer Fahrbahn von drei Wagenbreiten. So ist der riesige Verkehr von Jersey City nach New York, abgesehen von den drei vorhandenen Unterwasser-Tunneln für Schnellbahnen, ganz auf das Fährboot oder den Dampfer angewiesen. An den Anlagestellen sieht man denn auch Wagen und Automobile oft in Reihe auf Boote warten, die sie übersetzen sollen. Ganz besonders unangenehm waren die Verhältnisse, als einmal die Bootsleute streikten. Ähnlich steht es mit der Verbindung des viel entfernter gelegenen, aber in den letzten Jahren ungemein gewachsenen Staten Island, das auch noch zum Stadtbezirk New York gehört. Von dort aus gibt es überhaupt noch keine direkte Schnellverbindung.

Es ist deshalb nicht zu verwundern, dass die New Yorker sich stark mit den Verkehrsfragen beschäftigen und eine Menge Pläne für die Überbrückung und Untertunnelung der trennenden Wasserstraßen auftauchen. Es handelt sich dabei um Verbindungen für den Personenverkehr zu Fuß und Wagen. Und darin liegt die große Schwierigkeit, denn so ein Tunnel, durch den täglich Tausende von Automobilen sausen sollen, würde in wenigen Minuten unbenutzbar werden, wenn er nicht eine vorzügliche Belüftung erhielte. An der Venti­lations­frage sind bisher auch die Tunnelpläne gescheitert. Jetzt wird ein neuer Plan für die Unter­fahrung des Hudson mitgeteilt, der die Frage der Belüftung gelöst haben will. Statt eines ovalen Querschnittes ist ein kreisrunder gewählt, so dass die beiden Fahrbahnen für Hin- und Rückfahrt nicht mehr nebeneinander, sondern übereinander liegen, wie Abb. 1 zeigt. Der lichte Durchmesser des Rohres beträgt etwa 11 m, so dass jede Fahrbahn bei etwa 4 m Höhe 7½ m Breite erhalten kann.

Geplanter Tunnel in New YorkAbb. 2. Längsschnitt durch den geplanten Tunnel zwischen Staten Island und New York.

Die Segmente an den Seiten und oben und unten werden bis auf einige, die Dienst- und Personenwege aufnehmen, als Lüftungskanäle benutzt. Dadurch wird ein so großer Kanalquerschnitt erhalten, dass die Kräfte, die zur Belüftung nötig sind, nicht mehr zu groß werden. Denn die motorische Leistung eines Ventilators ist von der Luft-Fördermenge und dem Kanalquerschnitt (Reibung) abhängig. Während bei dem früheren Projekt 48 000 PS als nötig und die Kosten auf 2 400 000 Dollar im Jahre berechnet wurden, sieht dies neue Projekt nur noch 17 000 PS und eine jährliche Ausgabe von 50 000 Dollar vor. Die Luftgeschwindigkeit soll dabei nahezu 11 m/s betragen, so dass ein 26-facher Luftwechsel in der Stunde erreicht wird. Diese Luftgeschwindigkeit ist außerordentlich hoch, denn die Luft saust mit einer Geschwindigkeit von 40 km/h durch den Tunnel. Der Autofahrer wird dies wegen seiner Eigengeschwindigkeit wenig merken, aber für den armen Droschkenkutscher ist es recht zugig dort unten. Gegen Feuer, das in solchen Tunneln entsetzliche Folgen haben kann, sind wie in Schiffen Schotten­türen vorgesehen, die den Brandherd sofort gegen den Tunnel absperren können.

Geplanter Tunnel in New YorkAbb. 3. Querschnitt durch den Tunnel.

Während dieses Projekt die Schwierigkeit der Belüftung maschinell löst, ist ein anderes, das für einen Tunnel, der Staten Island mit New York verbinden soll, vorgeschlagen wird, interessant, weil es die Gasbildung der Automobile vermeidet. Durch diesen Tunnel, den Abb. 2 u. 3 veranschaulichen, dürfen Automobile nicht mit eigener Kraft fahren, sondern alle Wagen werden auf elektrisch betriebenen Bahnen durch den Tunnel befördert. Jedoch werden die Kosten für die Lösung der Frage auf diese Weise wohl noch höhere sein als die einer gründlichen Belüftung. Für die Verbindung von Staten Island mit New York werden im übrigen die verschiedensten Vorschläge gemacht. Brücken und Untertunnelungen stehen in Konkurrenz. Ein Projekt bietet eine Vereinigung beider. Bei diesem Vorschlag ist eine Brücke von Staten Island bis zu einer New York vorgelagerten Insel, Ellis Island, geführt. Auf Ellis Island senkt sich die Brücke zur Erde und findet in einem Tunnel nach New York ihre Fortsetzung.

UntergrundbahnstationAbb. 4. Untergrundbahnstation mit wandernden Treppen.

Es mag in diesem Zusammenhang noch einer neuen Ausführung Erwähnung getan sein, die jetzt erstmalig und probeweise im Betrieb ist. Die Anlage der verschiedenen Untergrundbahnen in New York hat dazu geführt, dass durch Kreuzungen und durch die geologischen Verhältnisse bedingt, am Park Place die in Abb. 4 dargestellte Station der einen Bahn außerordentlich tief liegt. Um den Reisenden das Treppensteigen zu erleichtern oder sie davon zu befreien, ist eine wandernde Treppe eingebaut worden. Die Stufen sind so hoch, dass ein Steigen von einer zur anderen nicht angängig ist. Die Treppe ist also ein schräg­gelegter Paternoster-Aufzug, jede Stufe ist für eine Person eingerichtet. Sie soll 3600 Personen in der Stunde befördern können und gebraucht einen Motor von 22 PS. Die Gesamt-Förderhöhe beträgt etwa 9 m. Abb. 4 zeigt, weit vorauseilend, die Station mit vier solcher Treppen. Vorläufig ist nur eine da, eine zweite soll eingebaut werden, wenn die Probetreppe sich bewährt.

• Auf epilog.de am 21. April 2025 veröffentlicht

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