Verkehr – Straßenverkehr
Die neue Granit-Fahrbahn in der
Wilhelms-Straße zu Berlin
Zeitschrift für Bauwesen • 31.12.1851
Es wird gegenwärtig in Berlin der erste Versuch einer Konstruierung von Fahrgeleisen aus Granitplatten gemacht. Man hat hierzu die Wilhelms-Straße, und zwar von den Linden bis zum Wilhelms-Platz, gewählt, weil eine Erneuerung des Pflasters und Regulierung der Rinnsteine in dieser Straße notwendig war, und demgemäß das Verlegen der Platten mit geringeren Kosten ausgeführt werden konnte. Die Längenangaben und andere Maße des Originaltextes wurden in das metrische System umgerechnet. Der bei solchen Fahrgeleisen vorzugsweise im Auge gehaltene Zweck geht dahin, die Verminderung des starken Wagengerassels, die Einschränkung der Reparaturen des Dammpflasters, und endlich eine größere Reinlichkeit der Straße selbst zu erreichen.
Die zum gegenwärtigem Versuch verwendeten Granitplatten werden aus Kamenz in Sachsen und aus Striegau in Schlesien entnommen; sie haben, bei beliebiger Länge über 157 cm, eine Breite von 58 cm und eine Stärke von 21 cm, sind vollkantig, und die obere Fläche, so wie die Stoßflächen scharfkantig bearbeitet, um so schwache Stoßfugen als möglich zu erhalten.
Die Anlage der Geleise ist in der Weise geordnet, dass sie, auf der Mitte des Straßendammes gelegen, in einer konstanten Entfernung von 3,14 m hinlaufen; dieser Zwischenraum ist mit quadratischen Kopfsteinen in Lütticher Art gepflastert.
- R E K L A M E -
Die zwei Stränge des Geleises selbst sind im Lichten 94 cm auseinander, so dass, bei der oben angegebenen Breite von 58 cm der Platten, die ganze Fahrbahn einen Raum von 94 cm + 2 × 58 cm = 210 cm in Anspruch nimmt.
Bei der Breite der Wilhelms-Straße bleibt zwischen Rinnstein und Außenkante des Granitgeleises noch ein Raum von 2,8 – 3,1 m. Der 94 cm breite Raum zwischen den Granitplatten der Geleise wird mit durchschnittlich 16 cm starken Kopfsteinen ausgepflastert. Längs der Außenseiten derselben kommt ein 78 cm breites Pflaster von Quadratsteinen, welches scharf gegen die Kanten der Platten gesetzt wird, um Letztere beim Hinauf- und Herabfahren von den Platten, so viel als möglich vor Beschädigung zu sichern. Der übrige Raum bis zum Rinnsteine wird mit gewöhnlichen Feldsteinen gepflastert. Sämtliche Pflasterung geschieht in Kies und ist außerdem für das Pflaster zwischen den Geleisen und den Strängen eine 16 cm hohe, für das übrige Pflaster aber eine 8 cm hohe Kiesbettung gemacht worden.
Zur sichern und festen Lage der Granitplatten ist ein Fundament aus Bruchsteinen, 26 cm hoch und 73 cm breit, ausgeführt worden; jedoch ist eine Strecke entlang, wo der Draht des Telegrafen gerade unter den Platten liegt,
dieses Fundament durch eine 16 – 21 cm hohe Kiesbettung ersetzt worden, und soll dadurch zugleich für die Zukunft festgestellt werden, ob das kostspielige Mauerfundament nicht ganz zu entbehren und durch Kiesschüttung zu ersetzen sein möchte.
Die Platten werden nach dem Profil der Straße verlegt, und ist im vorliegenden Fall von der Mitte des Dammes bis zur ersten Platte 4 cm Gefälle, die Platte selbst hat 0,7 cm Gefälle; die zweite Platte des Geleises liegt um 2,6 cm niedriger, als die innere Kante der ersten Platte, und hat ebenfalls 0,7 cm Neigung gegen die Rinnsteine zu. Da das Fundament-Mauerwerk trotz aller Sorgfalt doch nicht so akkurat hergestellt werden kann, andererseits aber auch die Unterfläche der Platten nicht so scharf bearbeitet ist, dass ein vollkommenes Aufliegen der Platten auf dem Mauerwerk stattfinden möchte, so ist ein Vergießen der Platten mit Zement oder einem rasch erhärtenden Mörtel erforderlich. Ebenso ist ein Ausgießen der allerdings nur schwachen Stoßfugen vorteilhaft, indem dadurch eine größere Spannung erreicht wird.
Die Kiesbettung wird durch Abrammen bestmöglichst komprimiert, und wäre ein Begießen derselben mit Kalkmilch, im Fall der Kies nicht schon an sich hinreichende Bindeteile enthielte, wohl zu empfehlen. Auf ein sorgfältiges Unterstopfen und Abrammen der Platten ist besonders zu achten, um ein ungleichmäßiges Herunterdrücken derselben durch Frachtfuhrwerk zu verhindern.