Verkehr – Straßenverkehr
Motorwagen für Warentransporte
Der Motorwagen • März 1898
Die Verwendung von Motorwagen zum Transport von Waren und auch von schwereren Gütern und Materialien beginnt sich, in verschiedenen Ländern Bahn zu brechen. Die Daimler-Motoren-Gesellschaft hat schon seit über einem Jahre verschiedene Wagen für Gütertransport ausgeführt, welche sich bewährt haben und zu Nachbestellungen Veranlassung gaben. In Frankreich wurde im August 1897 der sogenannte ›Concurs des poids lourds‹ auf Veranlassung des Automobilclubs in Paris veranstaltet, welcher über die Möglichkeit und Leistungsfähigkeit zum Zweck der Beförderung schwererer Lasten Aufschluss zu geben berufen war. Der Wettbewerb war ein internationaler; es wurden nur Fahrzeuge zugelassen, welche eine Nutzlast von mindestens 1000 kg fortzuschaffen sich anheischig machten. Über diesen Wettbewerb sind auch in deutsche Zeitschriften ausführlichere Nachrichten übergegangen, aus denen die Ergebnisse beurteilt werden können.
Der oben erwähnte erste Daimler-Güterwagen; als offener Plattformwagen gebaut, ist seit über einem Jahr als Bestellwagen für Güter bei der Speditionsfirma von Maur in Stuttgart im Betrieb, und ein gleicher Wagen ist neuerdings vom Böhmischen Brauhaus in Berlin als Bierverschleißwagen in Betrieb genommen worden.

Abb. 1 stellt diesen Wagen dar; derselbe besitzt einen Motor von 4 PS und eine Transportfähigkeit 1000 – 1500 kg Ladung. Der Verbrauch an Benzin stellt sich auf 0,4 kg pro PS und Stunde und sind die Betriebskosten wesentlich billiger als beim Pferdebetrieb, während die Leistungsfähigkeit eine viel größere ist.
Wagen für schwerere Transporte bis zu 5 t lieferte die Daimler-Motoren-Gesellschaft für eine Bauunternehmung im südlichen Schwarzwald; dieselben befinden sich dortselbst auf Steigungen von 10 – 12 %, im Betrieb und bewähren sich ebenfalls sowohl hinsichtlich Billigkeit des Betriebes als Leistungsfähigkeit.
Ein andrer neuer Motorwagen für Warentransporte wurde kürzlich von der Anglo french Motor Co. eingeführt; derselbe ist in den Werkstätten der Gesellschaft in Digbeth, Birmingham gebaut und in Abb. 2 dargestellt.

Die besondere Bauart dieses Wagens ist auf Grund eingehender Versuche festgestellt worden und durch Patente geschützt. Motoren und Triebmechanismus sind unabhängige von dem Kasten des Fahrzeuges angeordnet und die Erschütterungen sowohl von dem Motor als auch von den Unebenheiten des Weges sind auf ein möglichst geringes Maß zurückgeführt. Der Motor ist ein Doppelzylindermotor und entwickelt 8 PS bei 400 U/min; die Zündung erfolgt elektrisch in einer besonderen, namhafte Ersparnis an Stromverbrauch gewährenden Art und Weise, und zwar ist die Zündung derart angeordnet, dass sich dieselbe leicht regulieren lässt, um stets die beste Wirkung und keine Vorzündungen beim Anfahren zu erhalten. Der Umtrieb vom Motor aus erfolgt durch Riemen auf eine Vorlegewelle, welche mittelst Ketten die Wagentreibräder umtreibt und mit dem üblichen Differentialgetriebe versehen ist.
Die reibenden Teile sind mit zentraler Schmierung von einem Ölkasten aus versehen. Die Kühlung der Zylinder wird durch Bewegung des Kühlwassers erreicht, welches durch die Zylindermäntel getrieben, dann in einem Röhrenoberflächenabkühler gelangt und durch eine vom Mechanismus bewegte kleine Pumpe in Umlauf erhalten wird.
Die Abbildung zeigt, dass der Wagen in erwünschter Form und Größe für die Aufnahme von Paketen hergerichtet ist; Gewicht von Wagen und Mechanismus sind wohl verteilt und gestattet die dem Bedarf entsprechende Geschwindigkeit einzuhalten und die hierfür benötigte Kraftleistung zur Befahrung starker Steigungen zu entwickeln.
Dieser neueste Motorwagen der genannten Gesellschaft bildet einen Fortschritt gegenüber ihren bisherigen Erzeugnissen und ist dieselbe auch bemüht, alle Verbesserungen in ihren Details noch weiter zu verfolgen und auszugestalten.