Verkehr – Fernmeldewesen
Moderne Hotel-Telefon- und Signalanlagen
Die Welt der Technik • 15.11.1907
In dem am Pariser Platz in Berlin erbauten Hotel Adlon, welches vor kurzem dem öffentlichen Verkehr übergeben worden ist, sind außer den architektonischen Schönheiten, welche den Prachtbau innen und außen auszeichnen, viele Neuerungen zur Anwendung gelangt, die für den Fachmann besonderes Interesse haben. So ist unter anderem alles, was menschlicher Geist auf dem Gebiete der Schwachstromtechnik bisher ersonnen hat, nutzbringend verwendet worden.
Sämtliche Räume im Hotel sind miteinander telefonisch verbunden, so dass für jedes Zimmer die Sprechverbindung mit einem anderen Raum hergestellt werden kann. Außerdem können von jedem Zimmer Posttelefongespräche nach allen erreichbaren Städten geführt werden, und zwar mit dem gleichen Apparat, welcher für die Haustelefonie benutzt wird. Es sind hier 80 Postleitungen mit 400 Postnebenstellen eingerichtet; in keinem ähnlichen Betrieb ist bisher eine derartig umfangreiche Nebenstellenanlage ausgeführt worden, und bildet diese Einrichtung im Hotel Adlon ein Glühlampenamt für sich.
Der Vermittlungsschrank (Glühlampen-Zentral-Umschalter) ist eine Sehenswürdigkeit für sich und ein Beweis für die Leistungsfähigkeit der heutigen Schwachstromtechnik.
Die Überwachung der einzelnen Gespräche erfolgt automatisch, lediglich durch Glühlampensignale, und zwar mit einer derartigen Präzision, dass vorzeitige Trennungen und Störungen im Gespräch unmöglich sind. Man kurbelt nicht, man betätigt keinen Druckknopf, man nimmt nur den Hörapparat ans Ohr und äußert seine Wünsche. Glühlampen-Zentral-Umschalter (Vermittlungsschrank) des Hotel Adlon in Berlin. Durch Abnehmen des Hörers vom Umschalthaken leuchtet in der Zentrale eine kleine Glühlampe auf, durch welche das Anrufsignal gegeben wird. Das Herstellen der weiteren Verbindung wird dann lediglich von der Zentrale bewirkt, die sich im gleichen Moment meldet: »Hier Telefonzentrale, Sie wünschen, bitte?«
Besondere Telefonanlagen sind noch vorgesehen für den Speiseaufzug nach den Etagen, ferner für den internen Verkehr zwischen Restaurant, Küche und Keller, und ist hier die Einrichtung getroffen, dass diese letzteren unter sich verkehren können, ohne hierzu die Telefonzentrale des Hotels in Anspruch nehmen zu müssen.
Die Signalanlagen in den Hotels und Restaurants wurden bisher deshalb sehr störend empfunden, weil im Interesse der Ruhe der Hotelgäste Glockensignale in den von diesen bewohnten Zimmern oder den Fluren möglichst vermieden werden müssen. Unvollkommen waren die bisherigen Anlagen auch deshalb, weil die Bedienung bei jedem Ruf sich erst zum Dienstzimmer begeben musste, um an dem dort befindlichen Tableau zu ersehen, von wo der Anruf erfolgte. Im Hotel Adlon ist keine Klingelanlage mit Tableau und Wecker, alle Signale werden durch Glühlampen gegeben.
In einem zierlichen Glasgehäuse zeigt auf dem Flur über jeder Zimmertür eine mattgrün leuchtende Glühlampe, dass der Gast ›Bedienung‹ wünscht. Im Korridor meldet die entsprechende Gruppenlampe, welcher Bedienungsknopf (›Kellner‹, ›Mädchen‹ oder ›Diener‹) betätigt worden ist, und endlich zeigt in den Etagendienstzimmern und in dem Kontrollbüro je ein zusammengestelltes Glühlampenschränkchen gewissenhaft an, dass z. B. auf Zimmer Nr. 212 das Mädchen gewünscht wird. Glühlampen-Anlage mit Bedienungslampen über der Zimmertür; die Gruppenlampe im Hintergrund. Sobald die Bedienung erfolgt ist, erlöschen diese Lampen, um dadurch den einzelnen Stellen bekanntzugeben: »Die Wünsche des Gastes sind berücksichtigt!« Dadurch, dass über jeder Zimmertür sofort nach dem Anruf die Glühlampe aufleuchtet, bietet sich der Bedienung Gelegenheit, auf einem Gang gleich mehrere Zimmer, wo ein Signal sichtbar wird, zu bedienen. Durch diese lautlos und doch unbedingt zuverlässig wirkende Einrichtung bleibt die Ruhe des Etablissements jederzeit gewahrt.
In den Personenfahrstühlen sind ebenfalls Glühlampentableaus angebracht, welche von den Eingängen des Fahrstuhlschachtes betätigt werden. Das gegebene Signal wird in beiden Fahrkörben sichtbar. Der Führer kann sofort erkennen, wo ein Fahrstuhl gewünscht wird, und kann der am nächsten befindliche die Beförderung übernehmen. Sobald dies geschehen, erlischt in dem anderen Fahrstuhl das Rufsignal. Im Erdgeschoss befindet sich ein Glühlampentableau, welches den jeweiligen Stand des Fahrstuhls anzeigt.
Tischtelefonstation.Die Haus-Feuer- und Alarmanlage ist ebenfalls sehr zweckmäßig ausgeführt. In jedem Gastzimmer befindet sich ein automatischer Feuermelder, welcher ein eventuell entstehendes Feuer auf dem im Erdgeschoss befindlichen Feuermeldetableau sofort selbsttätig anzeigt. Durch diese Einrichtung wird ein etwa entstehendes Feuer, auch bei Abwesenheit des betreffenden Hotelgastes, zuverlässig gemeldet.
In allen Räumen des Hotels sind auch elektrische Uhren aufgestellt, die mit einer Hauptuhr derart in Verbindung stehen, dass sie sämtlich genaueste Normalzeit der Sternwarte angeben.
Zum Betrieb der vorstehend beschriebenen Anlagen dienen sechs Akkumulatorenbatterien, welche in dem für die Beleuchtungsanlage vorgesehenen Raum untergebracht sind. Sie werden durch einen besonderen Umformer, dessen Motor an das vorhandene Gleichstromnetz angeschlossen ist, geladen. Von diesen Energiequellen werden die gesamten Schwachstromanlagen mit Strom versorgt. Die erforderlichen Messapparate und Schalter sind auf einer Marmorschalttafel in übersichtlicher Weise angeordnet, so dass man von hier aus die gesamte Schwachstromanlage überwachen kann. Die überaus einfache Anordnung und Bedienungsweise sichert einen dauernd störungsfreien Betrieb und ermöglicht eine unbeschränkte Inanspruchnahme der Anlage.
Hier hat die Schwachstromtechnik das Beste vom Besten geboten, muss man bei diesen von der Aktiengesellschaft Mix & Genest, Telefon- und Telegrafenwerke in Schöneberg-Berlin, ausgeführten Anlage sagen!