Handel & Industrie – Maschinenbau
Die Maschinen des deutschen Berg- und Hüttenwesens am Anfang des 18. Jahrhunderts
I. Die Maschinen im bergbaulichen Betrieb
Von Conrad Matschoß
Beiträge zur Geschichte der Technik und Industrie • 1909
Der Bergbau und das Hüttenwesen sind von jeher große Anreger und Auftraggeber für den Maschinenbau gewesen. Auf diesen Gebieten entwickelte sich schon frühzeitig ein gewisser Großbetrieb, der zur Benutzung von Maschinen für die wichtigsten Aufgaben drängte. Wer die ausführlichen Schriften des einstigen Arztes und Chemnitzer Bürgermeisters Georg Bauer liest, die er unter dem Namen Agricola mit dem Titel ›De re metallica‹ 1556 veröffentlichte, muss staunen über die Reichhaltigkeit der maschinellen Hilfsmittel, die schon damals der Maschinenbau dem Berg- und Hüttenwesen zur Verfügung stellen konnte. Deutschland war das Land der Maschinen. »In den mechanischen Künsten sind die Deutschen außerordentlich erfindsam«, schrieb 1563 ein Gesandter nach Venedig. Die berühmten deutschen Bergbaustätten dieser Zeit waren zugleich auch die Mittelpunkte des Maschinenbaues. Der sächsische Bergbaubezirk, dann die Bergwerke im Harz und in den österreichischen Alpenländern, auch die von Deutschen betriebenen Bergwerke der Karpaten bei Schemnitz waren besonders berühmt durch ihre Betriebseinrichtungen. Die deutschen Kunstmeister der genannten Bergbaubezirke waren zu der Zeit die Lehrmeister Europas im Maschinenbau.
Die Bergwerke im Harz waren noch am Ende des 18. Jahrhunderts ihrer maschinellen Einrichtung wegen so berühmt, dass selbst ein James Watt es der Mühe für wert hielt, sie zu besuchen, um hier zu lernen 1). 1) In dem Fremdenbuch der Grube Dorothea bei Clausthal 1776 – 1787 findet sich von seiner Hand die Eintragung: »The 23 July, I went down the Carolina and came up the Dorothea James Watt from Birmingham England«. Da auf den vorhergehenden und nachfolgenden Seiten das Jahr 1786 vermerkt steht, ist anzunehmen, dass Watts Besuch auch in dieses Jahr fällt. Die Carolina ist noch heute der Wetterschacht am östlichen Ende des Burgstätter Grubenreviers, die Dorothea war ihr benachbart und ist heute verschüttet. Zu diesen von alters her berühmten Stätten des Berg- und Hüttenwesens kam dann am Ende des 18. Jahrhunderts Oberschlesien hinzu. Hier hatten, unmittelbar veranlasst durch Friedrich den Großen, der preußische Bergwerksminister von Heinitz und vor allem dann Freiherr von Reden mitten in unwirtlicher einsamer Gegend unter weitgehender Benutzung aller zur Verfügung stehenden technischen Hilfsmittel Betriebe geschaffen, wie man sie damals nur noch in England kannte. Englische Ingenieure, in erster Linie John Wilkinson, der berühmte Eisenhüttenmann, hatten tätig hierbei mitgeholfen. Deutsche Ingenieure, unter ihnen auch Reden und der spätere Staatsminister vom Stein, waren in England gewesen und hatten dort die neue Technik studiert. Auch englische Arbeiter und Kunstmeister, von denen besonders der Schotte Baildon, dessen Name noch heute in der Baildonhütte fortlebt, genannt sei, hatten sich um die Einführung neuer Betriebsarten verdient gemacht. So kommt es denn, dass der Stand des deutschen Maschinenwesens im Berg- und Hüttenwesen um das Jahr 1800 kaum irgendwo besser und vollständiger studiert werden kann, als in den Verhältnissen, wie sie in Oberschlesien damals vorhanden waren. Als ein ganz besonders günstiger Umstand ist es deshalb zu betrachten, dass im Königlichen Oberbergamt in Breslau noch Hunderte von alten Originalzeichnungen aus dieser Zeit zu finden waren, die uns auf das Ausführlichste über die Beschaffenheit der alten Maschinen Auskunft geben. In den folgenden Ausführungen werde ich mich fast ausschließlich auf diese Originalzeichnungen stützen können, besonders da sich bei dem regen Verkehr der oberschlesischen Kunstmeister mit den anderen Bergbaubezirken unter diesen Breslauer Zeichnungen auch Studienblätter zahlreicher Maschinen, die außerhalb Schlesiens im Betriebe waren, vorfinden.
1. Die Wasserhaltungen.
So alt wie die Technik des Bergbaues ist auch das Lied von der Wassernot. Überall wo das einfache Abgraben, der Tagebau, in seiner ursprünglichsten Form nicht mehr zum Ziele führte, musste man tiefer gehen. Unter der Erde aber traf man auf die Wasser, deren ›Gewalt‹, wie man aus den alten Schriften entnehmen kann, nur zu oft zum vollständigen Aufgeben des Betriebes führen musste. Not macht erfinderisch, und so verdankt die Technik gerade dieser Wassernot eine ganze Reihe der wichtigsten Erfindungen, ist ja auch unsere Dampfmaschine, die in so ungeahnter Weise in die gesamte Menschheitsentwicklung eingreifen sollte, unmittelbar aus dieser dringendsten Aufgabe, die der Bergbau zu stellen hatte, hervorgegangen.
Werde epilog.plus-Mitglied und Du bekommst
- Zugriff auf exklusive Beiträge wie diesen
- PDF-Versionen und/oder eBooks von ausgewählten Artikeln
- weniger Werbung und dafür mehr historische Bilder und alte Reklame
und Du hilfst uns, noch mehr interessante Beiträge zur Kultur- und Technikgeschichte zu veröffentlichen.