Verkehr – Schifffahrt
Landung bei hohem Seegang
Illustrirte Welt • Mai 1896
In unserem Bild vergegenwärtigt der Künstler Theodor Weber das Landen auf hoher See, wie es früher allerwärts bei den Passagierdampfern vorkam. Bei den Hafeneinrichtungen, wie sie damals üblich waren, verhinderte der niedere Wasserstand zwischen den Molen das Einfahren tiefgehender Schiffe, und es war der arme Reisende, nachdem er wochen- und manchmal monatelang von der See zusammengerüttelt worden war, genötigt, nach Ankunft vor dem ersehnten Hafen sich mit seinen Habseligkeiten nochmals einem kleinen Boote anzuvertrauen, das ihn dann erst an das Ziel seiner Reise brachte. Es war das bei hohem Seegang manchmal ein gewagtes und fast regelmäßig ein sehr unangenehmes Unternehmen.
In manchen Ländern ist es jetzt noch so, und es mag sich mancher gewiss nicht mit der angenehmsten Empfindung seiner Ankunft selbst in dem herrlichen Hafen von Konstantinopel erinnern, wo die Kajiks mit ihren brüllenden Matrosen den Reisenden in Empfang nehmen und ihn von dem Lärm halbbetäubt an der Douane abliefern. Fast ebenso geht es in Brindisi zu und in noch manchen anderen Häfen, wie in dem der argentinischen Republik, wo man nach der Ankunft vor dem Parana erst ein Stück weit gerudert und dann, bei ganz flachem Zustand des Strandes, in von Pferden gezogenen Karren vollends ans Land befördert wird. Noch schlimmer sieht es da aus, wo die Barre sich vor dem Hafen befindet und man selbst bei ruhiger See sich am Lande bildende Wellen zu passieren hat, die einen wie der heftigste Sprühregen durchnässen. Anders freilich ist es jetzt an den großen europäischen Landeplätzen bestellt, wo herrliche Molen selbst bei stärkstem Seegang das direkte Anlegen gestatten, wie zum Beispiel in Dover, Calais und Ostende, obwohl man an dem zuletzt genannten Orte vor noch nicht allzu vielen Jahren genötigt war, die Landung so zu bewerkstelligen, wie unser Bild es veranschaulicht.