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Die Kohlenförderungsanlage der Gasanstalt II zu Charlottenburg

Prometheus • 10.10.1894

Voraussichtliche Lesezeit rund 8 Minuten.

Es ist in dieser Zeitschrift wiederholt darauf hingewiesen worden, dass große Fabriken, welche viel motorische Kraft zu verschiedenen Zwecken und in intermittierender Weise verbrauchen, eine große Bequemlichkeit des Betriebes und eine weitgehende Ersparnis in den Kosten desselben erzielen können, wenn sie ihre Krafterzeugung zentralisieren, d. h. einer einzigen großen Maschine übertragen, welche naturgemäß viel vorteilhafter zu arbeiten im Stande ist und auch viel weniger Aufsicht erfordert als viele kleine, in allen Teilen des Betriebes zerstreute Arbeitsmaschinen. Dampfpumpe der Gasanstalt IIAbb. 1 Stehende Zwillings-Differential-Hochdruckdampfpumpe der Gasanstalt II zu Charlottenburg. Um aber die gesamte von einer solchen zentralen Kraftmaschine gelieferte Energie wieder passend zu zerteilen und an den vielen verschiedenen Orten, wo dieselbe im Betrieb gebraucht wird, jederzeit verfügbar zu machen, ist es notwendig, Kraftspeicher oder Akkumulatoren anzulegen, welche ein Übermaß der von der Arbeitsmaschine gelieferten Kraft in sich aufnehmen, gewissenhaft aufbewahren und unverkürzt wieder abliefern, sobald einmal ein Mehrbedarf an Kraft im Betrieb der Fabrik eintritt. Unter den verschiedenen Methoden, welche zur Erreichung dieses Zieles dienen können, ist keine so bequem, daher auch keine so allgemein verbreitet, als die hydraulische, welche darin besteht, durch die große Betriebsmaschine Wasser in ein Hochdruckreservoir einpressen zu lassen, aus dem dasselbe dann als Betriebswasser für die vielen verschiedenen, in der ganzen Fabrik verteilten kleineren Kraftmaschinen wieder entnommen wird. Das Hochdruckreservoir besitzt gewöhnlich die Form eines starken Zylinders, in welchem ein sehr schwer belasteter Kolben durch das eingepresste Wasser emporgedrückt wird, Bei einer solchen Anordnung ist es möglich, eine Reihe von Regulierungsmechanismen mit dem Kolben in Verbindung zu setzen, durch welche wiederum der Gang der Hauptmaschine geregelt und dem wechselnden Kraftverbrauch in der Fabrik einigermaßen angepasst wird.

Das soeben in seinen Grundzügen geschilderte Prinzip ist heute schon in sehr vielen großen Fabriken konsequent durchgeführt, nirgends vielleicht großartiger als in den Kai- und Speicheranlagen des neuen Hamburger Hafens. Wo immer dasselbe zur Anwendung gelangt, gibt es dem betreffenden Betrieb das Merkmal größter Ruhe und scheinbarer Mühelosigkeit. Bei der Leichtigkeit, mit welcher kleine, aber energische hydraulische Motoren überall an die Druckwasserleitung angeschlossen werden können, erscheint es ganz selbstverständlich, die Arbeiter von allen groben und schweren Arbeiten zu befreien und ihre Tätigkeit nur noch da in Anspruch zu nehmen, wo menschliche Intelligenz erforderlich ist. In dieser Hinsicht hat die Einführung zentralisierter Krafterzeugung und der mit ihr verbundene Betrieb maschineller Anlagen durch Druckwasser auch eine nicht zu unterschätzende ethische Bedeutung.

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• Auf epilog.de am 24. September 2024 veröffentlicht

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