Forschung & TechnikElektrotechnik

Die Energie auf der Erde

Von Hans Dominik

Berliner Tageblatt • 3.8.1902

Voraussichtliche Lesezeit rund 9 Minuten.

Dem Physiker gilt es als unumstößliches Gesetz, dass alle Energie auf Erden direkt oder indirekt von der Sonne stammt. Die chemische Arbeit, welche in den Steinkohlen aufgespeichert liegt, kam einst in Sonnenstrahlen zur Erde. Die mechanische Energie des fallenden und fließenden Wassers verdanken wir der Sonne, denn durch Sonnenwärme wurde der Verdunstungsprozess besorgt, der das Wasser der Meere und Seen zu den Wolken emporhob. Ferner sind auch die Luftströmungen, die Winde auf Temperaturdifferenzen an verschiedenen Orten, also auf den Einfluss der Sonne, zurückzuführen.

Während nun unsere Altvordern sich in erster Linie an die Energie des fallenden und fließenden Wassers oder an diejenige des Windes hielten, ist seit der Erfindung der Dampfmaschine die Ausbeutung der Kohlenarbeit die Hauptaufgabe der Technik gewesen. Die alten Wind- und Wasserräder gerieten nach der Erfindung der Dampfmaschine vielfach in Verfall und kommen erst wieder in unseren Tagen in verbesserter und modernisierter Form zu ehren.

Eine solche Entwickelung wird leicht verständlich, wenn man die Eigenschaften der Dampfmaschine und die Wind- und Wasserräder vergleicht. Die Kohle ist ein sehr bequemer Energieträger. Von der Arbeit, welche in ihr aufgespeichert wird, kann man zur Zeit praktisch so viel nutzbar machen, dass ein Kilogramm Kohle eine Stunde hindurch die Arbeit eines Maschinenpferdes leistet, das heißt während dieser Zeit in jeder Sekunde 75 kg einen Meter hochhebt. Will man dagegen eine Pferdekraftstunde mit einer Wasserkraft leisten und hat einen Meter Fallhöhe, so braucht man bei dem üblichen Wirkungsgrad der Wasserräder in der Sekunde etwa 100 kg Wasser, das macht aber in der Stunde 360 000 kg oder 360 m³.

Nun kann man ein Kilogramm Kohle zur Not in die Tasche stecken, während 360 m³ Wasser den Inhalt eines ganz ansehnlichen Schwimmbassins bilden dürften und jedenfalls etwas unhandlicher als die gleichwertige Kohlenmenge sind.

Weiter wären Wind- und Wassermotoren naturgemäß stationäre Motoren. Sie waren ein- für allemal an einer bestimmten Stelle fest aufgebaut und kamen daher nur für Arbeiten in Betracht, die keine beweglichen Kraftmaschinen verlangten. Die Dampfmaschine konnte dagegen transportabel eingerichtet werden. Sie kam also einmal für sämtliche Arbeiten, bei denen man mit der Arbeitsmaschine besser an die Arbeit heranrückt, zur Anwendung, und weiter fielen ihr ohne Weiteres sämtliche Verkehrsaufgaben zu, das heißt die Beförderung von Personen und Lasten. Eine einzige Ausnahme machte vielleicht der Windmotor, so weit er als Segel auf Schiffen zur Anwendung kam, denn maschinentechnisch betrachtet ist eine Segeleinrichtung ein transportabler, der Fortbewegung eines Schiffes dienender Windmotor.

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Neuerscheinung

Der Ingenieur Hans Dominik (1872 – 1945) ist vor allem durch seine technisch-utopischen Romane bekanntgeworden. Dominik war aber in erster Linie Wissenschaftsjournalist und verfasste zahlreiche populärwissenschaftliche Beiträge für verschiedene Zeitschriften und Tageszeitungen. Dabei brachte er im lockeren Plauderton dem interessierten Laien wissenschaftliche Grundlagen und neue technische Errungenschaften näher. Dieses Buch versammelt eine repräsentative Auswahl seiner wissenschaftlichen und technischen Plaudereien.
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