Handel & Industrie – Maschinenbau
Gichtaufzüge
Bericht über die Weltausstellung in Philadelphia 1876
Als Gichtaufzüge für Hochöfen sind in den Vereinigten Staaten von Nordamerika überwiegend kleine vertikale Dampfmaschinen in Verwendung, welche Dampfmaschinen auf der Hüttensohle aufgestellt sind und durch Seile in einfacher Weise die Bewegung auf den Fahrstuhl übertragen. Die sonstige Ausrüstung dieser Gattung Gichtaufzüge bietet nichts Neues.
Neben diesen einfachen Förderanlagen sind in der Anthrazit-Region in Pennsylvanien als Gichtaufzüge auch direkt wirkende Dampf- oder pneumatische Aufzüge häufig in Verwendung. Ersterer Typus ist im Nachfolgenden durch einen direkt wirkenden Dampfaufzug von P. L. Weimer in Lebanon, letzterer Typus durch den pneumatischen Gichtaufzug von Taws & Hartmann vertreten.
Hydraulische Gichtaufzüge kommen für Hochöfen nur vereinzelt vor und bieten in ihrer Konstruktion nichts Bemerkenswertes. Als Gichtaufzüge für Kupolofen, Kalköfen etc. sind gewöhnliche direkt wirkende hydraulische Plungeraufzüge ganz allgemein in Verwendung.
Direkt wirkender Dampfaufzug von Weimer

P. L. Weimer (Weimer Machine Works) in Lebanon, Pennsylvanien, baute für eine große Zahl von Hochöfen in und um Reading, Harrisburg etc. Gichtaufzüge mit Dampfbetrieb, deren Konstruktion in Abb. 1 dargestellt ist. Der Aufzug besteht aus einem gusseisernen Gerüste, in dessen Inneren, wie aus der Zeichnung ersichtlich ist, der Antriebsdampfzylinder befestigt ist, dessen Dampfkolben mit einer langen Zahnstange in Verbindung steht; durch Einlassen von Dampf über den Dampfkolben geht die Zahnstange nach abwärts, treibt das aus der Zeichnung ersichtliche Getriebe und die damit verbundene Seilscheibe, wodurch der außen am Gerüste geführte Fahrstuhl gehoben wird. Die eigentümliche Konstruktion des Fahrstuhls und der Zahnstange, welche letztere gleichzeitig als Gegengewicht dient, sind aus der Zeichnung ersichtlich. Die Steuerung der Dampfmaschine wird durch einen einfachen Muschelschieber besorgt. Durch die Konstruktion von Weimer wird in erster Linie möglichste Einfachheit und Billigkeit der Anlage angestrebt und dies durch die Anbringung des einfachen bis zur Gichtbrücke reichenden Gerüstes, welches einen schweren Gichtturm überflüssig macht und durch die möglichst einfache Übertragung der Bewegung des Dampfkolbens auf den Fahrstuhl erreicht.
Pneumatischer Gichtaufzug von Taws & Hartmann
Die Firma Taws & Hartmann in Philadelphia stellte im Industriepalast eine Reihe von Hochofenarmaturen und die Zeichnungen eines doppeltwirkenden pneumatischen Aufzuges aus, der in Abb. 2, wiedergegeben ist und von welchem Typus in den Eisenhütten der Staaten Pennsylvanien, Ohio und New York bis heute 50 Aufzüge mit ausgezeichnetem Resultat im Betrieb sind.
Die Firma befasst sich ausschließlich mit Einrichtung von Eisenhütten und ist zugleich Vertreter der Winderhitzungs-Apparate von Kent, der pneumatischen Gichtverschlüsse von Thomas und der Lürman-Hochöfen mit geschlossener Brust etc.
Die Wirkungsweise der pneumatischen Aufzüge von Taws & Hartmann ist folgende: In einem der Höhe der Gicht entsprechend langen gusseisernen vertikalen Zylinder s ist ein gusseiserner Kolben a (Abb. 2. Fig. 4) beweglich, welcher durch zwei Drahtseile mit dem Fahrstuhl in Verbindung steht. Komprimierte Luft wird abwechselnd über und unter den Treibkolben durch eine Steuervorrichtung eingelassen, so dass bei entsprechender Ausbalancierung der toten Last, beim Eintritt der komprimierten Luft über den Treibkolben die Hebung der Last, beim Eintritt der Luft unter den Kolben der Niedergang des Fahrstuhls samt Fördergefäßen bewirkt wird. Die toten Lasten, sowie ein Teil der Förderlast sind durch den Treibkolben ausbalanciert, und zwar derart, dass das Gewicht des letzteren gleich ist dem Gewicht des Fahrstuhls, dem halben Gewicht des Förderseils, dem Gewicht der leeren Fördergefäße und der halben Förderlast.
Die Konstruktion des Treibkolbens ist aus Abb. 2. Fig. 4 ersichtlich; die Dichtung des Kolbens im Treibzylinder erfolgt durch einen nahe am unteren Ende befindlichen, selbstspannenden und durch einen durch die Kappe a niedergehaltenen stellbaren gusseisernen Dichtungsring.
Die Höhlung des Kolbens dient zur Aufnahme des eventuell notwendigen Gegengewichts.
Der vertikale Treibzylinder ruht auf einer gut fundierten Fundamentplatte und besteht aus einzelnen Rohrstücken, die untereinander durch Flanschen verschraubt, gut abgedichtet und durch vorspringende, gedrehte Ränder genau zentriert sind. Das Rohrende des Treibzylinders ist, da der Aufzug doppeltwirkend ist, durch einen Deckel geschlossen und sind die Förderseile f deshalb durch Stopfbüchsen geführt. Mit dem Abschlussdeckel steht das Gerüste zur Aufnahme der Seilführungsrollen in Verbindung; letztere sind derart schief gestellt (s. Abb. 2. Fig. 3) dass die beiden ablaufenden Seilstücke f den Treibkolben diametral entgegengesetzt, nahe an den Rändern erfassen, während die Seile von den anderen Seiten der Seilscheibe direkt zum Fahrstuhl führen. Durch diese Anordnung ist es möglich, bei genügendem Seilscheibendurchmesser eine sehr kompendiöse, praktische Konstruktion zu erzielen und dabei sowohl den Treibkolben, sowie auch den Fahrstuhl vollkommen zentrisch zu fassen. Um dem Bestreben der Förderseile, sich aufzudrehen, entgegenzuwirken, sind die Litzen des einen Förderseiles nach rechts, die des anderen Seiles nach links gedreht.
Die Konstruktion des Fahrstuhls ist aus den Zeichnungen vollständig ersichtlich. Bemerkenswert ist hierbei, dass die Förderseile den Fahrstuhl nicht direkt anfassen, sondern mit dem beweglichen Ring h (Abb. 2. Fig. 2) verbunden sind, an welchem Ring der eigentliche Fahrstuhl durch die Schienen g drehbar aufgehängt ist, so dass sich derselbe stets selbst richtig einstellt und dadurch Klemmungen bei ungleicher Dehnung der Förderseile etc. vermieden werden. Die Führung des Fahrstuhls wird durch vier Paare keilförmiger Führungsrollen an angegossenen Rippen des Treibzylinders bewirkt.
Die Fangvorrichtung besteht aus einfachen Sperrklinken i, die an dem Ring h befestigt sind und bei allfälligem Reißen der Förderseile in die an den Treibzylinder angegossenen Fangzähne einfallen und den Fahrstuhl aufhalten.
Der Betrieb solcher pneumatischer Aufzüge erfolgt derart, dass abwechselnd durch die Rohre d und c komprimierte Luft über oder unter den Treibkolben geleitet und dadurch der Auf- oder Niedergang des Fahrstuhls bewirkt wird. Das Luftleitungsrohr verbindet die beiden Rohrstutzen c und d, und es erfolgt die Luftverteilung entweder durch einen gewöhnlichen Dreiwegehahn, wie bei vorliegendem Aufzug, oder durch einen einfachen Muschelschieber, durch welchen in gewöhnlicher Weise die Zuleitung der komprimierten Luft und Ausströmung der verbrauchten Luft besorgt wird. Der bedienende Maschinist befindet sich hierbei auf der Gichtbrücke. Außerdem ist jedoch ein Dreiwegehahn am Fuß der Rohrleitung eingeschaltet, um eventuell den Aufzug von unten bedienen zu können.
Die Betriebskraft wird in den meisten Fällen durch eine eigene, auf der Hüttensohle aufgestellte Luftkompressionsmaschine geliefert, wobei Luftpressungen von l – 2 atm Überdruck üblich sind. In manchen Fällen, namentlich bei den Hochöfen der pennsylvanischen Anthrazitregion wird jedoch die Betriebskraft direkt vom Hochofengebläse geliefert und die Windleitung des Aufzugs mit dem Windreservoir in Verbindung gesetzt, wobei allerdings eine gesonderte Luftkompressionsmaschine entfällt, aber auch der Aufzug vollständig vom Hochofengebläse abhängig gemacht wird. Die hierbei in Verwendung kommenden Windpressungen betragen bei Kokshochöfen 0,25 – 0,5 atm Überdruck, bei Anthrazithochöfen 0,3 – 0,9 atm Überdruck, so dass derartige, direkt vom Hochofengebläse betriebene Aufzüge auch mit größeren Treibzylindern ausgerüstet sind oder kleinere Lasten in geringeren Zeitabschnitten fördern.
• A. Riedler
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