Verkehr – Eisenbahn
Gestaltung und Wirkungsweise
der Wasser-Prellböcke
(Wasserpuffer)
Zentralblatt der Bauverwaltung • 20.9.1890
Die Aufstellung von Wasser-Prellböcken verschiedener Gestaltung an den Enden der von Personenzügen befahrenen Gleise auf Kopfstationen ist in England seit einer Reihe von Jahren mit bestem Erfolg ausgeführt. Der Grundgedanke ist, dass die lebendige Kraft eines gegen den Wasserpuffer anfahrenden Zuges dadurch aufgehoben werden soll, dass durch zwei mit den Pufferstangen verbundene Kolben, welche in Zylindern verschiebbar sind, Wasser bewegt wird. Die Einrichtung ist auf verschiedene Weise so getroffen, dass dieser Wasserbewegung beim Hineinschieben der Kolben in die Zylinder allmählich wachsender Widerstand entgegengesetzt wird. Die ältesten Wasserpuffer sind nach dem Patent von A. Langley derart hergestellt, dass die beiden Kolbenstangen der Prellvorrichtung durch die hinteren Deckel der beiden Zylinder in Stopfbuchsen durchgeführt sind und die Kolben durch zwei über Rollen geleitete Gegengewichte, nach Entfernung des den Stoß ausübenden Zuges, in ihre ursprüngliche Lage zurückgezogen werden. Eine Bewegung des Wassers ist dadurch ermöglicht, dass die Kolben mit zwei rechteckigen Ausschnitten versehen sind, welche ein Ausströmen des Wassers aus den vor den Kolben liegenden Zylinderteilen in die hinter denselben befindlichen Räume gestatten. Das Wachsen des Widerstandes wird dadurch erzeugt, dass die in den Kolben angeordneten Durchströmungsöffnungen, dem Kolbenweg entsprechend, durch keilförmig gestaltete, an den Zylinderwänden befestigte Schienen mehr und mehr und schließlich ganz geschlossen werden. Die Abmessungen dieser in der ersten Zeit verwendeten Wasserpuffer, mit 120 cm langem Kolbenweg, sind hier zu ersehen.
In neuerer Zeit ist die Gestaltung der Wasserpuffer von den englischen Ingenieuren Rausomes und Rapier in London, welche das Patent Langleys übernommen haben, auf Grund eingehender Versuche erheblich verändert worden. Die Puffer werden zurzeit, je nach der Wichtigkeit des Gleisabschlusses, in drei verschiedenen Größen hergestellt. Der Kolbenweg beträgt 92 cm, 153 cm oder 244 cm. Die umständliche und viel Raum erfordernde doppelte Führung der Kolbenstangen ist beseitigt, da durch Versuche festgestellt ist, dass die einfache Führung durch eine entsprechend lange Stopfbuchse genügt.
Beim Eindringen der Pufferstangen in die Zylinder verdrängen dieselben eine ihrem Inhalt gleiche Wassermenge. Der Abfluss dieses durch das Anfahren gegen den Puffer unter Druck gesetzten Wassers wird dadurch bewirkt, dass beide Zylinder mit einem Hosenrohr verbunden sind, in welchem ein Federventil angebracht ist, das sich selbsttätig beim Eindringen der Pufferstangen in die Zylinder – bei etwa 3 atm Überdruck – öffnet und beim Stillstand der Kolben schließt.
Um eine rückläufige Bewegung der Kolben herbeizuführen, wird das von den Kolbenstangen verdrängte Wasser den Zylindern durch eine mit dem Hosenrohr verbundene Druckwasserleitung (mit etwa 2,9 atm Überdruck) wieder zugeführt. Die den Stopfbuchsen abgewendeten Kolbenflächen sind um den Querschnitt der Kolbenstange größer als die den Stopfbuchsen zugewendeten Seiten. Das Zurückschieben der Kolben erfolgt also mit einer Kraft, welche sich aus dem Größenunterschiede dieser gedrückten Flächen ergibt. Derartig gebaute Prellböcke sind seit dem Jahr 1886 auf vielen englischen Bahnhöfen, so z. B. auf der New Exchange Station in Liverpool, New Joint Station in Bradford usw, aufgestellt und haben sich dort vorzüglich bewährt.
Auf St. Paul Station in London ist bei den daselbst an den Gleisenden erbauten großen Wasserpuffern (Abb. 1) in die Druckrohrleitung ein Ventil eingeschaltet, welches den Zweck hat, dieselbe vor dem Rückschlag des beim Anfahren gegen den Puffer heftig gedrückten Wassers zu schützen, und welches nach vollendetem Rücklauf der Kolben die Druckrohrleitung abschließen soll. Das Ventil wird durch eine Zugstange, die mit der einen Pufferstange fest verbunden ist, in der Grundstellung des Prellbocks geschlossen gehalten. Tritt beim Anfahren gegen denselben eine rückgängige Bewegung der Pufferstange und somit auch der Zugstange ein, so wird das Ventil in der Druckrohrleitung derart freigegeben, dass es sich öffnet, sobald sich das Feder-Auslassventil geschlossen hat, d. h. sobald die Kolben stillstehen und der Rücklauf derselben beginnen soll. Während des letzten Teils der rückgängigen Bewegung der Kolben wird das Ventil in der Druckrohrleitung mit der Zugstange allmählich wieder geschlossen. Der völlige Abschluss desselben erfolgt in dem Augenblick, in welchem die Kolben in die Grundstellung zurückgedrückt sind. Die langen Pufferstangen werden hier, um eine möglichst vollkommene Führung derselben zu erzielen, in etwa 40 cm Abstand von den Stopfbuchsen durch eine starke Zwischenkonstruktion gehalten.
Nach demselben oben angegebenen Grundsatz hat in neuester Zeit der Vorsteher der Hauptwerkstatt der London- & Nord-West-Bahn-Gesellschaft, J. W. Webb in Crewe, einen gleichfalls sehr gut wirkenden Wasserpuffer gebaut. Auf fast sämtlichen größeren Bahnhöfen obiger Gesellschaft begegnet man den Webbschen Pufern. Die Gestaltung derselben ist aus Abb. 2 ersichtlich. Langley erzielt das Wachsen des Widerstandes, bzw. die Erschwernis der Wasserbewegung dadurch, dass er die in den Kolben eingeschnittenen Durchflussöffnungen allmählich verschliefst. Webb legt den vollen Kolben in einen doppelwandigen Zylinder, dessen innere Wand siebartig durchlöchert ist. Beim Eindrücken der Kolben strömt das Wasser durch die – im Bewegungssinn gerechnet – vor denselben liegenden Löcher in die hinteren Zylinderteile. Je weiter die Kolben in die Zylinder eindringen, desto kleiner wird die Zahl der Löcher vor denselben, d. h. desto mehr wird die Vorwärtsbewegung erschwert. Das durch die Kolbenstangen verdrängte Wasser fließt nicht, wie bei Langley, durch ein Ventil ab, sondern wird in einen Windkessel gedrückt, aus welchem es in die Zylinder zurückfließt.
- R E K L A M E -
Diese Abweichung ist von sehr großer Wichtigkeit, denn es ist hiernach bei den Webbschen Puffern sehr leicht möglich, das Einfrieren derselben durch Anwendung von Glycerin an Stelle des Wassers als Füllflüssigkeit zu verhüten. Es wird hierdurch der Puffer auch noch insofern verbessert, als Glycerin eine nicht unbeträchtliche Zusammendrückbarkeit (4 – 5 %) besitzen soll. Die in dem Windkessel befindliche Flüssigkeit steht bei der Grundstellung des Puffers unter 2,5 atm Überdruck, welcher durch eine kleine, am Windkessel angeordnete Handdruckpumpe erzeugt wird. Durch die in den Windkessel hineingedrückte Flüssigkeit wird dieser Druck entsprechend erhöht und fällt bei der rückgängigen Kolbenbewegung allmählich wieder auf das ursprüngliche Maß.
Ich habe in Liverpool, Manchester und London sowohl die Webbschen wie auch die Langleyschen Puffer in sehr großer Zahl – wohl an 100 Stück – gesehen. Die Wirkungsweise ist eine ungemein günstige. Auf St. Paul Station in London fuhr ich probeweise mit einem Zug – bestehend aus 15 leeren Wagen und einer Maschine – etwa mit 12 km/h gegen einen der oben beschriebenen Langleyschen Puffer, ohne dass irgendwelche Beschädigungen stattfanden. Der Stoß, welchen ich dabei empfing, war durchaus nicht erheblich. Von allen englischen Bahn-Ingenieuren, die ich gesprochen habe, wurde der Einrichtung der Wasserpuffer das glänzendste Zeugnis ausgestellt.
Infolge der in England mit Wasserpuffern erzielten Erfolge werden an den vier Gleisenden auf den beiden in der Ausführung: begriffenen neuen Kopfstationen (für Ringbahn und Wannseebahn) auf dem Potsdamer Bahnhof in Berlin große Wasserpuffer mit 2,5 m langem Kolbenwege aufgestellt werden. Dieselben sollen die Vorzüge des: Langleyschen und Webbschen Systems in sich vereinigen. Die Kolben- und Zylindergestaltung wird nach Langley, die Windkesselanlage nach Webb ausgeführt. Die Zylinder erhalten Glycerinfüllung. Die Anfertigung und Aufstellung dieser vier Puffer ist der Berliner Maschinenbauanstalt von Hoppe übertragen.
• A. Herr.