Handel & Industrie – Fabrikation
Fortschritte in der Nähnadelfabrikation
Westermanns Monatshefte • November 1864
Die ersten wesentlichen Verbesserungen in der Nähnadelfabrikation sind wahrscheinlich Anfang des 14. Jahrhunderts in Nürnberg gemacht worden, denn hier hatten die Glisner, wie zu jener Zeit die Nadler hießen, ihren Sitz. England und Frankreich haben erst von Deutschland die Anfertigung der Nähnadeln gelernt. Das erstere Land hat aber bald seinen Lehrmeister überholt, denn schon in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts waren die englischen Nähnadelfabriken sehr berühmt. Von hier stammen denn auch die wesentlichsten Verbesserungen in der neuesten Zeit, worunter hauptsächlich die Einführung der Maschinen zu zählen ist. In dem Ersatz der Handarbeit durch die Maschinen macht man immer größere Fortschritte. Aus ganz neuester Zeit sind die selbsttätigen Maschinen zum Spitzen, das Fallwerk zum Verprägen und der Durchschnitt zum Ausstoßen der Öhre sowie die Maschinen zum innerlichen Polieren der Öhre und zum mechanischen Abzählen der Nadeln anzuführen.
Mit der letzteren Maschine kann eine Person, bei nur einiger Übung, die sehr leicht zu erwerben ist, in einer Stunde 20 000 Nadeln in Portionen von je 25 Stück in die Papiere einzählen, wobei allerdings noch eine Person zum Schließen der Briefe erforderlich ist, so dass also beide etwa so viel leisten als sonst 6 – 7 Personen. Portionen von 100 Stück können, weil hierbei weniger Papierwechsel erforderlich ist. 6 – 7 in einer Minute abgezählt werden, also ungefähr 40 000 Nadeln in der Stunde. Die Maschine erfordert aber unbedingt eine gute Sortierung der Nadeln, die übrigens bei den besseren Sorten auch sonst schon gebräuchlich ist. Sie zählt dagegen sehr ungenau oder versagt auch ganz den Dienst, wenn Nadeln von sehr verschiedener Dicke untereinander gemengt sind, wie es bei den wohlfeileren Sorten wohl vorkommt.
Ebenso hat man auch in der Fabrikation selbst wesentliche Verbesserungen eingeführt. Die wichtigste Verbesserung in dieser Hinsicht besteht darin, dass man nicht mehr wie sonst die in doppelter Nadellänge vorbereiteten Drahtstücke, Schachte genannt, vor der Bildung der Öhre in zwei Teile zerschneidet und an jeder einzelnen Nadel das Öhr verfertigt, sondern auf der Mitte jedes Schachtes zwei Öhre nahe beieinander anbringt und dann die Drähte zwischen den beiden Öhren durchbricht, wobei 80 – 100 Schachte oder 160 – 200 Nadeln zugleich in Arbeit genommen werden. Man erspart hierbei nicht allein viel an Zeit und Arbeit, sondern vermindert auch wesentlich den Abfall an Material, da bei dem Halbieren der an beiden Enden zugespitzten Schachte nach alter Art stets ein kurzes Stückchen aus der Mitte verloren ging, so dass der Abfall ungefähr 3 – 11 % des verarbeiteten Drahtes betrug.