VerkehrFernmeldewesen

Fernsprech-Vermittlungs-Einrichtungen
in größeren Städten

Von Carl Elsasser

Elektrotechnische Zeitschrift • November 1880

Voraussichtliche Lesezeit rund 15 Minuten.

Gleich, nachdem der Fernsprechapparat in der von Professor Graham Bell angegebenen Konstruktion bekanntwurde, erregten die wunderbaren Leistungen dieses so überaus einfachen Apparates allgemeines und berechtigtes Erstaunen. Die Wichtigkeit des durch diesen Apparat ermöglichten mündlichen Verkehrs zwischen räumlich von einander getrennten Personen wurde sofort erkannt und der Apparat für das praktische Leben verwertet¹. ¹) bis zum Anfang des Jahres 1879 betrug die Anzahl der von der Bell Company verkauften Telefone 12 000 und ist bis September 1879 auf 85 000 gestiegen. Hierzu kommen noch 25 000 Stück, welche von der Western Union verwendet werden, so dass die Gesamtzahl sich auf 110 000 beläuft. Derselbe wurde nicht nur verwendet bei Fernsprechverbindungen zwischen einzelnen, entfernt von einander gelegenen Geschäftszimmern ein und desselben Dienstgebäudes, zwischen verschiedenen, räumlich getrennten Arbeitsstellen gewerblicher Etablissements, zwischen den auf der Erdoberfläche gelegenen Bergwerksbüros und den in der Tiefe der Erde beschäftigten Bergbeamten und dergleichen; der Fernsprecher hat auch Verwendung gefunden für verschiedene andere, nicht minder wichtige Zwecke. So sind z. B. in einem Krankenhaus Fernsprechverbindungen zwischen dem Direktionsbüro und den einzelnen Krankensälen hergestellt worden, mittels deren der Direktor jederzeit mit den in den einzelnen Stationen befindlichen Aufsehern in mündlichen Verkehr treten kann. Dies ist namentlich wichtig bei ansteckenden Krankheiten; ohne Gefahr der Übertragung des Ansteckungsstoffes von einem Krankensaal zum anderen kann man Erkundigungen über den Zustand der Kranken beliebig oft einziehen.

Die engen Grenzen, innerhalb welcher die Benutzung des Fernsprechers anfänglich stattfand, wurden gleich erweitert, sobald es gelungen war, wirksamere Apparate herzustellen, mit denen eine ausreichende Verständigung auf Entfernungen von 75 km und mehr erzielt werden konnte. In Bezug auf die ausgedehntere Benutzung ist namentlich das Vorgehen der Deutschen Reichs-Tele­grafen­verwal­tung bemerkenswert. Seitens derselben wurde die Herstellung von Fernsprechverbindungen zwischen vorhandenen Tele­grafen­anstalten und solchen Orten angeordnet, die bis dahin wegen Mangels an Personen, welche zur Erlernung des Morse-Apparat­dienstes geeignet waren, nicht mit Tele­grafen­anstalten ausgerüstet werden konnten. Die Anzahl der mit Hilfe des Fernsprechers dem telegrafischen Verkehr erschlossenen Orte beträgt in den zum Deutschen Reichs-Tele­grafen­gebiet gehörigen Ländern zur Zeit schon mehr als tausend. Der Betrieb dieser Verkehrsanstalten hat bisher zu Klagen keine Veranlassung gegeben.

Nachdem im Laufe der Zeit das allgemeine Interesse für den Fernsprecher abgenommen hatte, ist dasselbe in neuerer Zeit durch eine andere Art der Verwendung dieses Apparates zur Nachrichtenübermittlung wieder wach gerufen worden. In Amerika kam man nämlich auf den Gedanken, zwischen verschiedenen Geschäftshäusern bzw. zwischen räumlich von einander getrennten Lokalen ein und desselben Geschäftshauses dadurch eine unmittelbare Fernsprechverbindung herzustellen, dass die in den einzelnen Geschäftslokalen aufgestellten Fernsprechapparate mittels Telegrafenleitungen mit einer gemeinschaftlichen Zentralstelle verbunden und in dieser Zentralstelle – Tele­phone Ex­change, Fernsprechvermittlungsamt – Einrichtungen getroffen wurden, welche es ermöglichten, in einfachster Weise und in kürzester Zeit auf den Wunsch eines der Beteiligten eine unmittelbare Verbindung von zwei an die Zentralstelle mittels Fernsprechleitungen angeschlossenen Lokalen herzustellen. Nach Herstellung einer solchen Anlage können die betreffenden Personen, ohne Einmischung einer dritten Person, mittels Fernsprechern sich unterhalten. In welcher Weise die Herstellung bzw. die Wiederaufhebung der Verbindungen veranlasst und ausgeführt wird, wird später bei Beschreibung der betreffenden Einrichtungen angegeben werden.

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• Auf epilog.de am 3. Dezember 2024 veröffentlicht

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