VerkehrEisenbahn

Feld- und Waldeisenbahnen

Von Nikolaus Freiherr von Thümen

Der Stein der Weisen • 1890

Voraussichtliche Lesezeit rund 12 Minuten.

Wohl nirgends ist die Konkurrenz eine größere und empfindlichere als in allen Zweigen der Bodenproduktion; durch die ungeheuere Vervollkommnung, welche namentlich die Schifffahrt in letzter Zeit erfahren, durch die rapid zunehmende Ausdehnung des Eisenbahnnetzes auf der ganzen Erde sind jetzt solche Länder dem allgemeinen Verkehr erschlossen, die zu erreichen man früher Monate und Jahre brauchte; die billigen Landpreise, das infolge des extensiven Wirtschaftsbetriebes verhältnismäßig geringe Anlage- und Betriebskapital, die noch durch nichts geschwächte, keine Düngung notwendig machende Bodenkraft und endlich die in den jüngsten Jahren vor sich gegangene außerordentliche Entwickelung des Maschinenwesens ermöglichen in jenen fernen Ländern, wie Nordamerika, Indien, Australien etc., eine ganz erstaunlich billige Produktion. Solange dieselben noch außerhalb des Weltverkehrs lagen, bildeten sie keine Gefahr für unsere Landwirtschaft, da wegen der Unmöglichkeit, die Produkte zu verwerten, noch niemand an eine Erzeugung dachte. Kaum waren jedoch diese fernen, unendlichen Länderstrecken durch einen Schienenstrang mit der zivilisierten Welt verbunden, so bemächtigte sich auch die Spekulation der dort als Pflanzennährstoffe im Boden liegenden Schätze und setzte dieselben in Getreide um oder verwendete die unermesslichen Gebiete zur beinahe kostenlosen Viehproduktion. In Folge der Schnelligkeit und Billigkeit des Transportes nach Europa und der ungemein geringen Bewirtschaftungskosten waren die in jenen fernen Ländern geschaffenen riesigen Güter im Stande, ihre Erzeugnisse zu einem weit niedrigeren Preis auf den europäischen Markt zu bringen, als der bisher für solche Ware gezahlte Betrag, und die naturgemäße Folge dieser neu entstandenen Konkurrenz war eine Wertreduzierung der meisten Bodenprodukte und damit eine immer miss­lichere Gestaltung der Lage unserer Landwirte, deren Einnahmen bei mindestens gleichbleibenden, meist jedoch sich steigernden Betriebskosten stets geringer wurden, so dass der Reingewinn oft auf null sank. Die Regierungen, Volksvertreter. National-Ökonomen und vor allem die Landwirte selbst beschäftigen sich eingehendst mit dieser immer brennender werdenden Frage, wie man die Folgen der immer mächtiger anwachsenden überseeischen Konkurrenz bannen könne; wenn auch durch Schutzzölle und andere handelspolitische Maßnahmen dem Ackerbau in mancher Hinsicht genützt werden kann, so muss doch auch dieser mit allen Mitteln darnach trachten, die Bodenerträge zu erhöhen. Nebst selbstverständlicher, möglichst rationeller und intensiver Bewirtschaftung ist jedoch das Hauptaugenmerk nicht auf eine Steigerung der Einnahmen, sondern vornehmlich auf eine Herabminderung der Auslagen zu richten. »Möglichst gut und möglichst billig wirtschaften«, das muss der Wahlspruch jedes Landwirtes sein, wenn er der fremden Konkurrenz widerstehen und trotz ihr erfolgreich arbeiten will.

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• Auf epilog.de am 16. Mai 2025 veröffentlicht

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