Handel & Industrie – Lebensmittelproduktion
Die Zuckersiederei in Alt-Berlin
Von F. Dopp jun., Ingenieur in Berlin
Die Welt der Technik • 15.9.1907
»Versüße dein Leben!« – Diesen modernen Spruch auf den Ladenschildern unserer heutigen Zuckerwarenhändler haben auch unsere guten Altvorderen schon weislich beherzigt. Freilich mussten sie dabei weit anspruchsloser sein als wir verwöhnten Kinder des 20. Jahrhunderts; der Zucker war noch bis in den Anfang des 19. Jahrhunderts ein Genussmittel nur für die wohlhabenden Kreise und noch einige Menschenalter früher eine Delikatesse. Der Honig und die aus mancherlei Früchten eingedickten Siruparten haben damals seine Stelle im Haushalt unserer Urgroßeltern noch vertreten. Bekannt aber war der im Orient aus dem Zuckerrohr hergestellte Zucker schon frühzeitig in Europa, ja um das Jahr 1000 sollen in Venedig schon Zuckerraffinerien bestanden haben, in denen auch die noch heute gebräuchliche Form der Zuckerhüte der Überlieferung nach schon Anwendung fand. Durch die Kreuzzüge allgemeiner bekanntgeworden, wurde er dann Jahrhunderte lang von den mittelalterlichen Ärzten gern als Heilmittel verwendet, bis er endlich in dem leichtlebigen, genussfrohen Zeitalter, das dem 30-jährigen Krieg voranging, zum Genuss- und Nahrungsmittel wurde.
In Berlin finden wir die erste Zuckerraffinerie unter der Regierung des Großen Kurfürsten, der nach dem furchtbaren Elend des großen Religionskrieges die geringen Reste des altmärkischen Gewerbefleißes unter unsäglichen Schwierigkeiten neu belebte und neue Gewerbezweige mit Hilfe herbeigerufener Einwanderer einführte.
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