Handel & IndustrieMaschinenbau

Die Danziger Maschine

Vermittelst welcher der sogenannte Bischofsberg um ein Großes abgetragen, und die Erde in freier Luft, erstlich den Berg hinab, ferner über einen Fluss, über ein Stück Anger und Land, denn über den breiten Stadtgraben, und endlich auf den Wall hinauf geschafft worden.

Theatrum Machinarum Hydrotechnicarum • 1724

Voraussichtliche Lesezeit rund 4 Minuten.

Es ist von dieser Maschine ein apartes großes Kupfer vorhanden (Abb. 1), so aber sehr rar ist, auf welchem der Berg und die ganze Gegend nebst der Maschine perspektivisch entworfen, weil aber die Distanz sehr groß, ist alles sehr klein und unkenntlich worden, ob schon ansonsten der Riss sehr sauber und nett von dem berühmten Hondio gestochen. Ich habe solche Zeichnung nirgend finden können, wie sehr ich mich auch bemühet, bis endlich selbige bei Ratsobervogt Senkeisen allhier in Leipzig erhalten habe.

Seilbahn bei DanzigAbb. 1. Seilbahn zum Abtragen des Bischofsberges bei Danzig. Erbaut 1644 von Adam Wybe.

Die ganze Maschine habe nicht gezeichnet, weil solche allzu klein gefallen wäre, sondern nur etwas das ich dieser gleich halte, wie denn auch die Räder und alles womit das Werk getrieben worden, verdecket ist. Weil nun auf dem Kupfer ziemlich deutlich zu sehen, dass das Seil oder Kanal viel auf Walzen oder Kolben auflieget, und also unmöglich, dass die Eimer mit ihrem Seil darüber gehen können, so hat es mir viel Spekulierens gemacht, wie solches zuginge, bis ich etliche Maschinen und Modelle verfertiget, welche sehr wohl angehen. Ich habe aber hernach erfahren, dass die Eimer nicht von sich selbst, sondern durch dazu bestellte Personen, über die Rollen gehoben worden sind, und wenn ich dieses von Anfang gewusst hätte, würde mir keine Mühe gegeben und es vor impraktikabel gehalten haben. Ich will erstlich die Maschine, hernach die Walzen oder Rollen nach meiner Invention beschreiben.

Abb. 2 Fig. I. A sei der Berg, auf welchen ein horizontales Rad B, so auf der Stirn tief eingeschnitten, dass ein starkes Ankertau darinnen liegen kann, dieses Rad muss in einem wohlgezimmerten Gerüste eingefasst sein (so hier nicht bemerket ist), am Rad ist ein Arm oder Deichsel C, daran zwei oder mehrere Pferde können gespannt werden. D E, F G, H I sind Säulen, auf welchen oben die Rollen sind, darauf das Tau ohne Ende läuft. K ist das andere Rad, da das Tau herumgeht, L das Tau, und zwar die Seite, da es mit den vollen Eimern heruntergeht, M aber die Seite, da die leeren hinauf gehen, N die kleinen Eimer mit ihren Schnüren oder kleinen Seilen, oben in A werden die vollen Kübel angehangen, und unten in K ausgeschüttet. P sind die Scheiben oder Rollen über welche ein Mann die Eimer hinüberleiten muss.

Danziger MaschineAbb. 2. Maschine nach der Art wie zu Danzig.

Dass aber die Eimer selbst hinübergehen, ist meine Invention diese (Fig. II). Es wird oben an dem Balken oder Säule A ein Quer-Holz gemacht B C, an dieses ein langer eiserner glatter Stab an beiden Enden in B und C festgemacht, und macht solcher einen Bogen, dass er etwas höher und auch weiter absteht, als die Scheibe, wie das Ringlein a bei der (Fig. III) zeigt, über welches das Seil liegt, und den eisernen Stab in Profil vorstellt, also wenn das Seil an den Stab kommt, es auf dem Stab fortrutscht bis es über die Walze hinweg ist.

Weil aber das Seil sich dadurch abarbeiten würde, bin ich auf die andere Invention, dass die Eimer durch die Walze hindurchgehen, gefallen, Fig. IV stellet solche in Profil vor: A ist das große Tau daran die Eimer hängen, B das kleine Seil mit den Eimern, C D zwei Säulen, so unten in der Erde fest, oben aber mit einem Eisen E und zwei Bolzen a b zusammengehangen sind, F G sind zwei halbe Rollen oder Scheiben, davon jede ein Stück der Höhlung hat, darin das Tau A liegt, in der Mitte aber voneinander steht, weil nun das Tau A sehr stark, kann es es nicht, hingegen das Seil der Eimer B weil es dünne durchweg gehen. M sind zwei starke Bolzen, damit jede halbe Scheibe fest, und vorn mit einem Kopf C C versehen ist. Weil aber das Tau die Scheiben auseinander presset, und große Friktion verursachen würde, so ist hinter jede eine Horizontal-Scheibe J und J geleget, an welchen die großen F und G anliegen, und zugleich mit Ihnen umgedreht werden, deswegen auch das Holz bei K hinweg genommen ist.

Fig. V zeiget solches von oben herab eben mit diesen Buchstaben, nur dass zum Überfluss zwei Eisen P Q angemacht sind, welche das Seil, daran die Eimer hängen, allezeit, recht in die Mitte führen. Fig. VI zeigt eben dieses mit den Buchstaben perspektivisch.

Es ist dieses eine sehr nützliche Maschine, und kann, wo Verstand gebrauchet wird, bei vielen Gelegenheiten sehr große Dienste tun, absonderlich, da man nun auch die Leute ersparen kann, die sonst die Eimer überheben müssen. Der Inventor ist ein Holländer von Harlingen, Adam Wybe, gewesen.

• Jacob Leupold

Entnommen aus dem Buch:
Während Seilbahnen im ostasiatischen Raum schon recht früh zum Einsatz kamen, wurden in Europa erst ab dem späten Mittelalter vereinzelte Anlagen erbaut. Ausgehend von der Entwicklung von Seileriesen für den Holz-Transport begann dann um 1870 die systematische Konstruktion von Seilbahnen. Gustav Dieterich schildert die Geschichte der Seilbahnen von den Anfängen bis zum ›System Bleichert‹, und so bietet diese erweiterte und reichhaltig illustrierte Neuausgabe einen umfassenden Überblick über die Erfindung der Drahtseilbahnen.
  PDF-Leseprobe € 18,90 | 172 Seiten | ISBN: 978-3-7693-4011-2

• Auf epilog.de am 30. März 2025 veröffentlicht

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