Handel & Industrie

»Wohl! Nun kann der Guss beginnen«

Die Berliner Kunstgießerei

Daheim • Oktober 1866

Voraussichtliche Lesezeit rund 16 Minuten.

Die Berliner Kunstgießerei befand sich früher, verbunden mit der Geschützgießerei, hinter dem Zeughaus, in einem Gebäude, das jetzt als Kaserne benutzt wird, aber noch die alten Schmelzöfen enthält.

Das erste Bronzebildwerk, welches aus ihr hervorging, war die bekannte Reiterstatue des Großen Kurfürsten, von Schlüter modelliert und von Jakobi gegossen; am 12. Juli 1703, dem Geburtstage Königs Friedrich I. auf der langen Brücke aufgestellt, wo sie sich inzwischen mit der schönsten Patina bedeckt hat, diesem edlen grünen Rost, der den Standbildern von Erz erst die höchste Schönheit verleiht und sie zugleich unvergänglich macht.

Während der nun folgenden hundert und mehr Jahre lag die Bildgießerei gleich der verzauberten Königstochter im Märchen in tiefen Schlaf versunken, bis sie unter den Händen einer Schar begeisterter Männer, wie Schadow, Tieck, Rauch, Kiß und Drake, die nebeneinander lebten und wirkten, zu neuer fröhlicher Tätigkeit erwachte. Während der ersten Hälfte des jetzigen Jahrhunderts gingen aus ihr eine Reihe von Erzbildern hervor, die seitdem nicht nur Berlin, sondern auch fast jede größere Stadt Norddeutschlands schmücken. Sie sind teils von Hopfgarten, teils von Lequine und Fischer gegossen, und wir wollen von ihnen nur folgende hervorheben: Das Luther-Denkmal für Wittenberg, von Schadow modelliert; das Franke-Denkmal für Halle und das Blücher-Standbild für Berlin von Rauch modelliert; Justus Moeser für Osnabrück, von Drake; Kopernikus für Thorn, von Tieck; die berühmte Amazonengruppe von Kiß, am 22. Juni 1843 auf der Treppenwange des Berliner Museums aufgestellt; mehre kolossale Victorien nach Rauch, sowie die beiden Gruppen auf den Treppenwangen des Schauspielhauses zu Berlin, von Tieck.

1844 bis 1846 ward unter Leitung des Generaldirektors von Olfers und des Geheimen Oberbaurats Stüler ein neues Gießhaus erbaut, das am 11. Juli 1846 durch den glücklichen Guss der Reiterstatue Friedrichs des Großen, Rauchs Meisterwerk, seine Weihe erhielt. Der Guss wurde durch Friebel ausgeführt, der auch später die Statuen von York und Gneisenau, sowie die Türen für die Schlosskirche zu Wittenberg goss, und den Weltruf der Berliner Kunstgießerei begründete. Als Friebel 1856 starb, trat H. Gladenbeck an seine Stelle, der noch gegenwärtig dieselbe bekleidet. Für die Benutzung des Gießhauses nebst Zubehör zahlt er dem Staate eine entsprechende Pachtsumme; während er die ihm übertragenen Arbeiten auf eigne Gefahr und Kosten ausführt, seine Gehilfen natürlich selbst auswählt und lohnt.

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• Auf epilog.de am 19. Juli 2024 veröffentlicht

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