U-Bahn in Berlin
Die Baustellen der Untergrundbahn vom Potsdamer Platz zum Spittelmarkt
Berliner Leben • Februar 1907
Die aktuelle Frage des Berliner Straßenverkehrs wird bei dem immensen Wachstum der Stadt kaum je gelöst werden, aber Einiges wird sie doch an ihrer Aktualität verlieren, wenn die Untergrundbahn ihre Linien erst noch etwas weiter ausgedehnt hat. Und das wird bald kommen. Während der großstädtische Straßenverkehr über den Leipziger Platz und Spittelmarkt flutet, ist unter der Erdoberfläche ein Heer von Arbeitern mit dem Bau der neuen Siemensschen Untergrundbahn beschäftigt, die als Verlängerung vom Potsdamer Platz nach dem Herzen des Berliner Geschäftslebens, dem Spittelmarkt, führen soll. Unsere Bilder zeigen verschiedene Studien der Arbeiten auf beiden im Herbst 1906 in Angriff genommenen Baustellen.
Auf dem Leipziger Platz sind die Arbeiten am weitesten gediehen. Unter ihm liegt die neue Haltestelle Potsdamer Platz, die demnächst an Stelle des alten Endbahnhofes der vorhandenen Untergrundstrecke treten soll. Hier ist man augenblicklich mit der Aufstellung der Eisenkonstruktion und Betonierung der Tunneldecke beschäftigt, während gleichzeitig unter dem Neubau von Aschinger nach Fertigstellung der Tunnelwände die letzte Hand an die Fertigstellung des Rohbaues der Haltestelle gelegt wird. Unter der Königgrätzer Straße [heute: Stresemannstraße], wo noch vor kurzem ein großer städtischer Kanal die Arbeiten hinderte, wird jetzt der Anschluss des neuen Tunnels an den alten Bahnhof Potsdamer Platz hergestellt.
In der Wallstraße und am Spittelmarkt hat man zunächst die gepflasterte Straßenfahrbahn durch eine auf eisernen Trägern und Pfosten ruhende Holzdecke ersetzt, unter deren Schutze die Ausschachtungsarbeiten vorgenommen werden. Die zu entfernenden Erdmassen werden auf Feldbahngleisen bis an die Spree geschafft, dort gehoben und in bereitstehende Kähne gekippt. Vor kurzem ist die gleich allen Baumaschinen elektrisch angetriebene Pumpenlage fertiggestellt und der Grundwasserstand so weit gesenkt worden, dass die Ausschachtung bis zur erforderlichen Tiefe erfolgen kann.
Wenn auch noch viele Schwierigkeiten zu überwinden sein werden, so ist nach dem jeweiligen Stand der Arbeiten doch zu erwarten, dass die Inbetriebnahme der ganzen Strecke noch vor dem von den Aufsichtsbehörden festgesetzten Zeitpunkt erfolgen kann.
• Albert Bernstein-Sawersky