Handel & IndustrieBergbau

Aus der Petroleum-Region Nord-Amerikas

Das Neue Universum • 1881

Voraussichtliche Lesezeit rund 19 Minuten.

Wohl so mancher unserer Leser entsinnt sich aus der Zeit seiner ersten Chemiestudien – wenn etwa zwanzig Jahre seitdem verstrichen sind – des ›Steinöls oder Petroleums‹, das in einem kleinen Fläschchen als Kuriosum in der Klasse zirkulierte. Es galt namentlich deshalb für wertvoll, weil es zur Aufbewahrung leicht an der Luft entzündlicher Körper, wie Natrium und Kalium, diente. Nebenbei wurde bemerkt, dass dasselbe namentlich in der Nähe des Kaspischen Meeres vorkomme, wo es aus dem Boden hervorquelle und die ewigen Flammen von Baku und anderen, den Parsi oder Feueranbetern heiligen Orten, nähre.

Jetzt dienen diese ewigen, heiligen Feuer der ganzen Menschheit, indem man das Öl in großen Röhrenleitungen in die Städte und an die Seehäfen leitet, woselbst es raffiniert und verschifft wird. Diese Umwälzung wurde herbeigeführt durch die Entdeckung des Reichtums an Petroleum in dem Boden des nordamerikanischen Freistaates Pennsylvanien, die am 26. August 1859 stattfand. Zwar gab es Öl genug an der Oberfläche, das aus Ritzen und Spalten emporquoll, an manchen Stellen sogar in nicht unbedeutender Menge. Bildete sich doch im Jahr 1854 eine Aktiengesellschaft, die Pennsylvania RockOil Company, welche beabsichtigte, das auf einem Fluss in Venango County, dem ›Oil Creek‹, schwimmende Öl industriell zu verwerten. Das Öl wurde nämlich in geeignete Bassins geleitet und dort mittelst großer wollener Decken abgeschöpft und in Fässer gepresst. Doch konnte diese Methode nicht mit der damals in Blüte stehenden ›Kohlenöl-Fabrikation‹ konkurrieren und das Unternehmen war dem Bankrott nahe. Da fiel es dem Superintendenten der Arbeiten in und um Oil Creek ein, einen Brunnen zu bohren, der ähnlich den für Wasser gebräuchlichen artesischen Brunnen, dem Öl, das nach seiner Ansicht die Tendenz hatte, nach oben zu kommen, einen Ausweg verschaffen sollte. Wie so oft wurde auch der Oberst Drake – so hieß er – von allen in der Nachbarschaft Wohnenden verhöhnt und verlacht, und es gehörte eine außergewöhnliche Energie und Geduld dazu, um die Bohrung dennoch fortzusetzen. Weigerten sich doch sogar eine Zeit lang die Arbeiter, die unnütze Arbeit zu tun, und so kam es, dass es beinahe ein volles Jahr dauerte, bis die Bohrung in einer Tiefe von 21½ m angelangt war.

Da aber, am oben erwähnten Tage, traf das Bohrloch auf die Ölschicht und in den nächsten 24 Stunden flossen 1800 Liter aus demselben hervor. Die Ergiebigkeit ließ nicht nach, sondern blieb Wochen und Monate lang dieselbe und nun begann ein ›Ölfieber‹ die Vereinigten Staaten zu durchwüten, das dem kalifornischen ›Goldfieber‹ von 1848 – 52 um nichts nachstand. Ölbrunnen, die nur wenige Tausend Dollars herzustellen kosteten, gaben von 100 bis 2000 Fass Öl per Tag, ohne dass damals Pumpvorrichtungen nötig gewesen wären.

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• Auf epilog.de am 12. November 2024 veröffentlicht

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