Verkehr – Luftfahrt
Ein amerikanisches Luft-Dampfschiff
Prometheus • 12.9.1894
Der bekannte amerikanische Erfinder Hiram S. Maxim hat den Ehrgeiz der Erste zu sein, der sich mit einem Schiff in die Luft erhebt. Obgleich nun der erste von ihm unternommene Versuch als vollkommen verunglückt zu bezeichnen ist, so bietet er doch sehr viele interessante Gesichtspunkte. Als richtiger Amerikaner denkt Herr Maxim gar nicht daran, das Luft-Ruderboot zu erfinden, er macht sich sofort an das Luft-Dampfschiff. Das Äußere dieses merkwürdigen Apparates ersehen unsere Leser aus Abb. 1.
Die in der Maschine erzeugte mechanische Kraft betätigt zwei am hinteren Ende angebrachte große Flügelräder, durch welche dem Schiff eine kräftige Vorwärtsbewegung verliehen wird. Gewaltige über dem Schiff und an den Seiten desselben angebrachte schiefe Ebenen bewirken den Auftrieb. Sie dienen somit als Segel, durch deren Schiefstellung zur Horizontalen die Richtung des Fluges erzielt werden soll. Die Steuerung nach rechts oder links erfolgt durch ungleich schnelle Bewegung der beiden Flügelräder. Das ganze Gebäude ist aus Stahlröhren, Blechen und Drähten angefertigt, die gesamte Fläche sämtlicher Segel beträgt 500 m².
Das Wesentliche an der ganzen Maschine ist die Art und Weise der Erzeugung der nötigen Betriebskraft. Dieselbe geschieht durch eine Dampfmaschine, deren Kessel ganz besonders leicht gebaut werden musste, um ein Emporheben der Maschine überhaupt möglich zu machen. Dieser Kessel (Abb. 2) ist den neuen Röhrenkesseln für Schiffsmaschinen sehr ähnlich. Er besteht ganz und gar aus Stahlröhren, während seine Beheizung durch Naphtha erfolgt. Die in einem kupfernen Gefäß mitgeführte Naphtha wird in einem besonderen Apparat vergast, ehe sie den Brennern des Kessels zugeführt wird. Eine Reihe von sinnreich erdachten Armaturen dient zur Regulierung des Naphtha-Zuflusses und Dampfdrucks. Die ganze Maschine wiegt etwa 3½ t und verfügt dabei doch über 363 PS. Die Maschine soll, wenn sie in voller Bewegung ist, eine Tragkraft von 4½ t haben, so dass sie also sehr wohl befähigt ist, ihre Bemannung und einen gewissen Vorrat an Naphtha und Wasser emporzutragen. Sehr richtig bemerkt aber Engineering, dem wir diese Angaben entnehmen, dass, selbst wenn nur 100 PS durch Maschinen produziert werden sollen, eine Verdampfung von etwa einer Tonne Wasser pro Stunde erforderlich wäre, woraus sich ergibt, dass trotz ihrer sinnreichen Konstruktion die Maschine zu längeren Flügen nicht befähigt sein kann.

Das Auffliegen der Maschine soll in der Weise erfolgen, dass sie, zunächst auf Rädern auf einem Bahngleis stehend, durch die Propellerschrauben mit großer Schnelligkeit vorwärts getrieben wird. Dabei soll sich dann allmählich der Auftrieb der Luft auf die Segelfläche geltend machen, und die Maschine soll sich dann in die Lüfte erheben. Bei der ersten Versuchsfahrt ist merkwürdigerweise über der Maschine eine Art von zweitem Gleis angebracht worden, welches die Maschine an der Erfüllung ihrer eigentlichen Aufgabe, der Erhebung in die Luft, verhindern sollte. Man sieht nicht recht ein, weshalb dies geschehen ist. In der Tat ist diese sonderbare Maßregel Veranlassung zu einem Unglücksfall gewesen. Die Maschine soll sich bestrebt haben, emporzufliegen, sie soll dabei sich mit ihren Drähten und Flügeln in dem genannten oberen Gleis verwickelt haben, die Flügel zerbrachen und die Maschine fiel zu Boden. Aus der Art und Weise, wie dies geschah, will Maxim die Überzeugung gewonnen haben, dass die Maschine wirklich eine Zeit lang in der Luft geschwebt hat. Er beabsichtigt eine neue Maschine zu erbauen und mit derselben weitere Versuche anzustellen.
Uns will es scheinen, dass alle derartigen Versuche verfrüht sind und die Kosten des Lehrgeldes, welches wir unzweifelhaft zahlen müssen, unnötigerweise erhöhen, solange nicht das wirkliche Segelschiff der Lüfte erfunden und zu einer Vollkommenheit gebracht ist. Die Frage nach der motorischen Kraft eines Flugapparates ist eine Frage sekundärer Natur, solange uns gleichmäßige Winde motorische Kraft kosten- und gewichtlos liefern können. Erst wenn ein Apparat erfunden sein wird, dessen sinnreiche Konstruktion ihn befähigt, im gleichmäßig wehenden Wind emporzusteigen, oder auch nur einige Zeit ruhig stehenzubleiben, wie es der segelnde Vogel tut, erst dann ist es an der Zeit, an die Verlegung einer Kraftquelle in diesen Apparat zu denken, um sich auf diese Weise vom Winde ganz unabhängig zu machen.
• J. van Tromp.